Mit Smiley oder im Blocksatz?
Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dieses ist nach wie vor die wichtigste Bewerbungsunterlage. Potenzielle Arbeitgeber entscheiden häufig auf dieser Grundlage, ob sie einen Bewerber zum Vorstellungsgespräch einladen.
Bei der Formulierung von Arbeitszeugnissen steckt der Teufel im Detail. Kleinste Nuancen in der Wortwahl können die Gesamtbewertung der Leistungen und des Verhaltens des Arbeitnehmers ganz maßgeblich bestimmen. Daher verwundert es nicht, dass Zeugnisstreitigkeiten immer wieder auch die Arbeitsgerichte befassen. Dies ist aus Sicht des Unternehmens wegen der damit einhergehenden Mühen und Kosten in jedem einzelnen Fall unerfreulich, zumal die dabei zu Tage tretenden Streitpunkte auf den ersten Blick mitunter unbedeutend erscheinen.
So wurde etwa darüber entschieden, ob ein Arbeitszeugnis gefaltet oder getackert werden (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. 09.11.2017, Az. 5 Sa 314/17), mit oder ohne Silbentrennung und im Blocksatz verfasst (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.11.2014, Az. 3 Sa 21/14), mit Smileys versehen sein (ArbG Kiel, Urt. 18. 04.2013, Az. 5 Ca 80 b/13) oder auf gelochtem Papier ausgefertigt werden darf (ArbG Weiden, Urt. 09.01.2019, Az. 3 Ca 615/18).
Spärliche Vorgaben des Gesetzgebers
Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ergibt sich aus dem Gesetz in § 109 Gewerbeordnung (GewO), wonach zwischen einfachem und qualifiziertem Zeugnis unterschieden wird. Das einfache Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten. Das qualifizierte Zeugnis, das auf Verlangen des Arbeitnehmers ausgestellt wird, enthält darüber hinaus Angaben zu Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis. Neben diesen Mindestangaben verlangt das Gesetz Klarheit und Verständlichkeit des Zeugnisses und verbietet Geheimzeichen. Weitergehende gesetzliche Vorgaben bestehen nicht. Die Anforderungen an ein qualifiziertes Zeugnis werden daher maßgeblich durch gerichtliche Entscheidungen bestimmt.
Schriftlich, unterschrieben und haltbar
Das Zeugnis muss vom Arbeitgeber schriftlich, das heißt durch ihn oder einen Vorgesetzten, der dem betreffenden Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt ist, eigenhändig unterzeichnet werden.
Allein bei der Unterschrift können sich bereits Fehler einschleichen. So ist eine "völlig überdimensionierte" Unterschrift nicht ordnungsgemäß und sollte vermieden werden (LAG Nürnberg, Beschl. v. 03.08.2005, Az. 4 Ta 153/05). Unterzeichnet ein Vertreter, ist seine Vorgesetztenstellung deutlich zu machen, etwa durch Hinweis auf seine Position oder Funktion. Nicht empfehlenswert ist der Zusatz "im Auftrag", da dadurch der Eindruck einer Abwertung entstehen und möglicherweise zum Ausdruck gebracht werden könnte, dass der Unterzeichner als Bote einer fremden Erklärung auftreten möchte (BAG, Urt. 04.10.2005, Az. 9 AZR 507/04).
Der Arbeitgeber hat das Zeugnis auf haltbarem Papier von guter Qualität in einheitlicher Maschinenschrift abzufassen. Verwendet der Arbeitgeber üblicherweise Geschäftspapier, so ist das Zeugnis nur dann ordnungsgemäß erstellt, wenn es auf aktuellem Geschäftspapier ausgefertigt ist. Dabei dürfte es (noch) dem üblichen Geschäftsverkehr entsprechen, das Zeugnis in einem Fließtext zu verfassen. Enthält der Text Schreibfehler, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Neuerteilung.
Wahr und klar
Das Zeugnis unterliegt den Grundsätzen der Zeugniswahrheit und der Zeugnisklarheit. Maßstab der Bewertung ist der eines wohlwollenden, verständigen Arbeitgebers. Das Zeugnis soll ein zusammenfassendes Gesamtbild ermöglichen, darf aber den weiteren beruflichen Werdegang nicht ungerechtfertigt erschweren. Innerhalb dieses Rahmens ist der Arbeitgeber grundsätzlich in seinen Formulierungen frei.
Neben den notwendigen Angaben zur Person des Arbeitnehmers ist die ausführliche Beschreibung der Art der Beschäftigung erforderlich. Die Darstellung der von dem Arbeitnehmer erledigten Tätigkeiten muss so vollständig und präzise sein, dass sich der Leser ein eindeutiges Bild über den bisherigen Tätigkeitsbereich machen kann.
Anfangs- und Enddatum des Arbeitsverhältnisses sind in das Zeugnis mit aufzunehmen. Kürzere Unterbrechungen der tatsächlichen Tätigkeit, etwa durch Krankheit, Urlaub oder auch Arbeitskampf bleiben unerwähnt. Längere Unterbrechungen dagegen sind wegen des Grundsatzes der Zeugniswahrheit anzugeben.
Kopfnoten für den Arbeitnehmer
Das qualifizierte Arbeitszeugnis wird um Angaben zu "Leistung und Verhalten" des Arbeitnehmers erweitert.
In der Leistungsbeurteilung erfolgt eine Darstellung der Art und Weise, wie der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Aufgaben erledigt hat. Der Begriff der Leistung umfasst sämtliche Faktoren, die geeignet sind, die berufliche Verwendbarkeit eines Arbeitnehmers zu umschreiben. Dazu gehören beispielsweise Fachkenntnisse, Arbeitsbereitschaft, Qualität der Arbeit, erzielte Erfolge und das berufliche Engagement.
Dem Arbeitgeber obliegt bei der Leistungsbeschreibung ein umfassender Beurteilungsspielraum; er ist grundsätzlich in der Entscheidung darüber frei, welche positiven oder negativen Leistungen er mehr hervorheben will als andere. Maßstab für die Beurteilung durch den Arbeitgeber bildet jedoch nicht seine eigene subjektive Leistungserwartung, sondern er hat sich an einem durchschnittlich befähigten, vergleichbaren Arbeitnehmer zu orientieren.
Auslassen von Wichtigem
Der Arbeitgeber verstößt gegen das Verbot von Geheimzeichen, wenn er bestimmte Merkmale nicht im Zeugnis aufnimmt, diese aber im Berufskreis des Arbeitnehmers üblich sind und bei Fehlen einer entsprechenden Aussage ein berufliches Fortkommen behindert werden könnte. Sind die fehlenden Merkmale in besonderem Maße gefragt und besteht deshalb der allgemeine Brauch, diese im Zeugnis zu erwähnen, etwa die Ehrlichkeit eines Kassierers oder die Belastbarkeit eines Zeitungsredakteurs, kann die Nichterwähnung für den Leser einen Interpretationsspielraum eröffnen (BAG Urt. v. 12.08.2008, Az. 9 AZR 632/07).
Vermeiden sollte der Arbeitgeber einen Passus im Arbeitszeugnis, in welchem er dem zukünftigen Zeugnisleser anbietet, für Nachfragen zur Arbeitsqualität des Arbeitnehmers zur Verfügung zu stehen. Ein solches Angebot verstößt gegen das Verbot von Geheimzeichen, denn ein objektiver Leser kann das Angebot als verschlüsselte Aufforderung verstehen, dass die im Zeugnis wiedergegebenen Leistungsbeurteilungen tatsächlich nicht den wirklichen Leistungen entsprechen (ArbG Herford, Urt. v. 01.04.2009, Az. 2 Ca 1502/08).
Standardformulierungen gelten weiterhin
In der Praxis haben sich Standard-Formulierungen eingebürgert, die für bestimmte Bewertungsstufen verwendet werden:
Zufriedenheitswert: | Note: |
Stets/durchgehend/immer zu unserer vollsten Zufriedenheit | Sehr gut |
Stets/durchgehend/immer zu unserer vollen Zufriedenheit | Gut |
Zu unserer vollen Zufriedenheit, stets zu unserer Zufriedenheit | Befriedigend |
Zu unserer Zufriedenheit | Ausreichend |
Im Großen und Ganzen (insgesamt) zu unserer Zufriedenheit | Mangelhaft |
Hat sich bemüht, die ihm/ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit auszuführen/führte die ihm/ihr übertragenen Aufgabe mit großem Fleiß und Interesse durch | ungenügend |
Es sollte darauf geachtet werden, keine widersprüchlichen Formulierungen zu verwenden. Wenn die Klausel "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" lautet, sollte der Rest des Zeugnisses die Bewertung mit "sehr gut" unterstützen. Andernfalls liegt für potenzielle Arbeitgeber die Vermutung nahe, dass das sehr gute Zeugnis in einem gerichtlichen Vergleich erwirkt wurde. Gleiches gilt für zu stark gewählte Formulierungen.
Mit dem Verhalten meint das Gesetz allein das dienstliche Verhalten zu Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern. Außerdienstliche Verhaltensweisen sind im Zeugnis grundsätzlich nicht zu erwähnen. Etwas anderes gilt aber, wenn sich das Privatverhalten dienstlich auswirkt.
Gefühle des Arbeitgebers
Einmalige Vorfälle oder Umstände sind ebenfalls nicht zu erwähnen, unabhängig davon, ob sie positiv oder negativ sind. Handelt es sich dagegen um eine bedeutende dienstliche Verfehlung in Form einer strafbaren Handlung, darf auch ein einmaliger Vorfall im Zeugnis Erwähnung finden.
In der Praxis ist es üblich, dass das Arbeitszeugnis mit einer Schlussformel abschließt. Der Arbeitgeber dankt dem Arbeitnehmer für seine Tätigkeit und wünscht alles Gute für die Zukunft. Ein Anspruch auf eine solche Schlussformel besteht nach Ansicht des BAG allerdings nicht. Es handele sich um persönliche Gefühle des Arbeitgebers, die gerichtlich nicht erzwungen werden könnten (BAG, Urt. v. 20.02.2001, Az. 9 AZR 44/00).
Um unnötige gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollten Arbeitgeber bei der Abfassung des Arbeitszeugnisses bereits hinsichtlich der Form Sorgfalt walten lassen. Aus dem Gebot der Zeugniswahrheit folgt für den Inhalt Zweierlei: Zum einen darf der Arbeitgeber keine unzutreffenden Angaben machen, zum anderen hat der Arbeitnehmer aber auch keinen Anspruch auf eine bestimmte Bewertung (insbesondere Notenstufe). Letzteres wird von vielen Arbeitnehmern verkannt, was nicht selten zu Streitfällen führt, die an sich vermieden werden könnten.
Dr. Thomas Lambrich ist Rechtsanwalt und Partner bei Beiten Burkhardt. Er berät nationale und internationale Unternehmen verschiedener Größen in sämtlichen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.
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2019 M07 26
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