Robert Michels, Partner bei Dentons

"Chancen für junge Talente, die es in 10 Jahren nicht mehr geben wird"

von Christian DülpersLesedauer: 7 Minuten

Robert Michels ist Office Managing Partner des Frankfurter Büros von Dentons. Im Interview spricht er über die Entwicklung von Dentons, erklärt was Talente dort erwartet und was die größte Kanzlei der Welt mit einem Start-up gemeinsam hat.

LTO: Herr Michels, wie war Ihr Einstieg in den Anwaltsberuf?

Robert Michels: Ich habe in meiner Heimatstadt Saarbrücken mit einem Doppelstudium "Deutsches und Französisches Recht" begonnen. Daher wollte ich ursprünglich auch unbedingt etwas mit Frankreich-Bezug machen und hatte mich um eine Wahlstation in Paris bei Shearman & Sterling bemüht, wo ein Freund von mir bereits als Anwalt arbeitete. Das hat aber nicht geklappt. Schließlich bin ich im Frankfurter Büro von Shearman im Kapitalmarktteam gelandet und wurde dann nach der Wahlstation direkt übernommen. Das war 1999 und zur Zeit des Neuen Marktes. Wir haben IPOs rauf und runter gemacht. Am nächsten Tag konnten wir über unsere Arbeit in der Zeitung lesen – für mich war das sehr beeindruckend. 

Sind Sie bei Shearman bereits Partner geworden?

Bei Shearman & Sterling hatte sich für mich persönlich die Frage nach der Partnerschaft noch überhaupt nicht gestellt. Ich war voll im Hamsterrad und habe sowohl Familie und Freunde als auch meine Gesundheit hinten angestellt und die Arbeit zu hoch priorisiert. Erst nach meinem Wechsel zu Beiten Burkhardt geriet die Equity-Partnerschaft als Möglichkeit bei mir auf den Schirm.

Wie haben Sie bei Beiten Burkhardt den Schritt in die Partnerschaft geschafft? 

Zum einen konnte ich strategisch dort einen neuen Bereich aufbauen und zum anderen gelang es mir, einen großen Mandanten davon zu überzeugen, mit zu wechseln – und das war dann mein Ticket in die Partnerschaft.

Sie sind dann nach einigen Jahren zu Salans gewechselt, das sich später mit anderen Kanzleien zu Dentons zusammenschloss. Warum macht man als Partner so einen Wechsel?

Ich bin nicht alleine gewechselt, sondern mit einem sechsköpfigen Team – unter anderem mit Bernhard Gemmel, dem Jugendfreund, der mich bereits zu Shearman geholt hatte. Wir suchten wieder mehr Internationalität und mussten unserem Team hierfür eine Perspektive bieten. Für das Geschäft, das wir gemacht haben, brauchten wir beispielsweise New York und London. 

Wie haben Sie damals die Kanzleikultur von Salans erlebt und wie hat sie sich seit der Gründung von Dentons entwickelt?

Salans hatte den Slogan: "A different Approach". Das sprach mich an und es wurde auch tatsächlich so gelebt. Wir waren extrem stark in Osteuropa und den sogenannten Emerging Markets, in anderen Märkten gab es teilweise noch Potential. Die Partner:innen wurden viel transparenter informiert als ich das bis dato kannte und der Umgang untereinander war auch erfrischend anders. Aber was noch fehlte, war die Dynamik. Und dann kam Dentons im Jahr 2013. Das hat alles geändert. 

Unter unserem Global Chairman Joe Andrew und unserem Global CEO Elliott Portnoy haben wir seitdem gefühlt jeden Monat ein neues Büro auf der Welt aufgemacht und waren auf einmal die größte Kanzlei der Welt mit heute mehr als 11.000 Anwält:innen und 190 Büros in 77 Ländern auf der Welt. 

Aber: Größe allein bedeutet noch gar nichts. Was uns von allen anderen unterscheidet ist unsere Polyzentrik. Es gibt kein dominierendes Büro und keine dominierende Kultur und damit haben wir Raum, um den jeweiligen lokalen Besonderheiten Rechnung tragen zu können, das nennen wir "local excellence". Die Folge ist, dass wir ein sehr diverses und buntes Anwaltsteam sind.

"Wir wollen jungen Anwältinnen Vertrauen schenken"

Wie zeigt sich diese Diversität vor Ort?

Nun, wir leben eine inklusive Mentalität und haben in Frankfurt bspw. gemeinsam mit der Initiative "Frankfurt ist bunt" in den letzten Wochen mehrere Diversity- und Charity-Aktionen gestartet.

Global fand dieses Jahr bei Dentons das Big-Inclusion-Projekt statt; dort haben 22 Teams aus aller Welt entsprechende Projektideen über zwei Monate hinweg entwickelt und verfilmt. Dieses haben wir dann hier on the ground umgesetzt: Im Bereich LGBTQI+ gab es Workshops, die wir zusammen mit dem Verein Prout at Work angeboten haben. Es ging beispielsweise darum, dass wir Menschen aus dem LGBTQI+-Spektrum bei ihrem Coming-out am Arbeitsplatz unterstützen wollen, wenn sie dies möchten. Und wir haben um Allys an allen vier deutschen Standorten geworben. Vier Wochen später haben wir dieses Projekt sogar für alle Dentons-Büros in Europa ausgerollt.

Eine weitere wichtige aktuelle Initiative ist das sogenannte Women‘s Advancement. Gerade haben wir für Dentons Europe eine neue Women’s Advancement Policy verabschiedet. Wir wollen und müssen den Anteil der weiblichen Führungskräfte europa- und deutschlandweit weiter deutlich steigern. 

Wo liegt der Anteil aktuell?

Der Frauenanteil bei den Associates liegt bei über 51%. Auf Counsel-Ebene bei ca 25% und bei den Partner:innen bei 12,5%. Unser Ziel ist es die Quote bei Counsel / Partner:innen in den nächsten Jahren deutlich zu steigern. 

Wie wollen Sie das erreichen?

Ein Weg führt meines Erachtens über junge Talente unter den Anwältinnen. Denen sollte man Vertrauen schenken und nicht immer nur auf "Silberrücken" setzen. So möchten wir Anwältinnen über die Counsel-Position in Kombination mit unserem internen Senior-Development-Programm an die Partnerschaft heranführen. Das wird natürlich nicht immer funktionieren. Aber das weiß ich erst, wenn ich es versucht habe. Die Frage ist, ob ich als Führungskraft bereit bin, auch mal zu scheitern.

Mit Judith Aron, Dr. Gabriele Haas und Dr. Julia Pfeil sind drei der insgesamt sieben internen Partnerernennungen der letzten zwei Jahre in Deutschland Frauen. Der Weg scheint also zu funktionieren.

"Zwei mal 12 Punkte alleine reizen uns nicht"

Was für Bewerber:innen wünschen Sie sich?

Es gibt nicht das optimale Profil. Irgendetwas Besonderes und Außergewöhnliches sollte dabei sein. Zwei mal 12 Punkte alleine reizen uns beispielsweise nicht unbedingt. Es werden nur diejenigen Erfolg haben, die sich als Teamplayer verstehen und zeigen, dass sie etwas anderes abliefern können als "Einheitsbrei" und "Standardkost".

Kurz gesagt: Wir suchen ausgezeichnete Jurist:innen, die aber auch open minded sind. Ein:e Bewerber:in kann gerne schon in ganz anderen Bereichen unterwegs gewesen sein oder schon mal ein anderes Fach studiert haben. Und am Ende ist wichtig, wie sich der Mensch im Gespräch verhält und ob die Person als Typ zu uns passt.

Was bieten Sie Ihren Bewerber:innen über die schon angesprochene Diversität hinaus?

Als quasi größtes Start-up der Welt bieten wir unserem Team grundsätzlich die Chance, den eigenen Weg zu gehen, also Strukturen selbst mit zu etablieren und Karriere zu machen….

Moment, Sie bezeichnen sich als größtes Start-up der Welt? Warum ist Dentons ein Start-up?

Wir sind natürlich kein Start-up per se, aber unter der Marke "Dentons" eine noch junge Kanzlei. Dentons gibt es erst seit 2013. China ist beispielsweise gerade mal fünf Jahre dabei und Afrika haben wir in den letzten zwei Jahren mit zahlreichen Büros deutlich verstärkt. In Europa haben wir zuletzt Italien und die Niederlande hochgezogen. Wir haben daher ähnliche Herausforderungen wie ein Start-up: Das Ding wächst und muss dabei zusammenwachsen und die neuen Teams müssen integriert werden! Das ist natürlich eine Challenge! Dafür gibt es aber bei uns, wie bei den meisten Start-ups, eine echte Aufbruchsstimmung.

Ok, verstanden. Zurück zu den Chancen für die Mitarbeiter:innen und Bewerber:innen…

Aufgrund der beschriebenen Rahmenbedingungen gibt es bei uns die Möglichkeit der Entwicklung in vielen Bereichen, wie das in zehn Jahren vielleicht nicht mehr so möglich ist. Bei Themen wie Blockchain, E-Sports and Entertainment oder Gaming zum Beispiel sind wir auch auf unsere jungen Talente angewiesen. 

Natürlich ist dafür hochqualifizierte Arbeit und Austausch im Netzwerk die Grundlage und wir bieten wie andere Kanzleien auch spannende nationale und internationale Mandate. Unsere Talente profitieren auch von einem sehr ausgewogenen und besonderen Fortbildungsprogramm; hier werden internationale und lokale Module angeboten.

"Digitalisierung im Kapitalmarktbereich bietet Chancen für Bewerber:innen"

Was erwartet Bewerber:innen in Ihrem Bereich Capital Markets?

Im Frankfurter Büro bieten wir gemeinsam mit Dr. Robert Weber und Oliver Dreher sowohl Equity Capital Markets und Debt Capital Markets an; flankiert durch das im deutschen Markt sehr hoch angesehene Structured-Finance-Team von Dr. Arne Klüwer. 

Spannend ist das Thema Digitalisierung im Kapitalmarktbereich. Da gibt es bei uns viele Anknüpfungspunkte für Bewerber:innen. Wir haben zum Beispiel das Thema Blockchain / Digitalisierung auch im Bereich Capital Markets angedockt. Blockchain- sowie Digitalisierungs-Projekte sind in der Regel IT-getrieben und es fehlt bei den Finanzierungsprojekten in dem Bereich oft das Wissen der kapitalmarktrechtlichen Hintergründe. 

Was ich persönlich außerdem für junge Talente sehr attraktiv finde, ist unsere internationale Aufstellung und der selbstverständliche Austausch mit Kollegen in London, den USA, Singapur, China etc.

Was muss ein:e Bewerber:in mitbringen, um in Ihrem Bereich erfolgreich sein zu können?

Man muss Freude daran haben, in einem bunten, internationalen Team zu arbeiten und sich daher im Englischen wohl fühlen; ein Grundinteresse an Wirtschaft sollte auch vorhanden sein sowie das Wissen, wie die Börse funktioniert. Wenn dazu noch eine thematisch passende Promotion kommt – wunderbar, das muss aber nicht sein. Das Wichtigste ist aber die Bereitschaft, für das Mandat und das Team zu brennen. 

Haben Associates und Referendar:innen die Möglichkeit auf einen Auslandsaufenthalt in einem Ihrer zahlreichen internationalen Büros?

Die Möglichkeit besteht, sofern nicht wie zurzeit Corona-bedingte Einschränkungen bestehen. Es muss aber Sinn machen. Das heißt für die Wahlstation, dass wir die Bewerber:innen schon während der Anwaltsstation kennen gelernt haben und die Perspektive besteht, dass diese dann auch später bei uns einsteigen. 

Associates können ein Secondment von einem bis sechs Monate machen. Aber auch hier gilt, dass es schon strategisch passen sollte. Andernfalls sagen wir: Nimm lieber ein Sabbatical und segele beispielsweise um die Welt oder erfülle Dir einen anderweitigen Jugendtraum. 

Ein Sabbatical ist also möglich bei Dentons?

Natürlich muss so etwas gut geplant werden und auch individuell abgestimmt werden. Aber prinzipiell bin ich überzeugt davon, dass so eine Erfahrung unser Team langfristig besser macht und auch die Bindung zu uns als Arbeitgeber erhöht. Genau das gleiche gilt für Elternzeit - und zwar für Mütter und Väter. 

Mehr Infos: Arbeitgeberprofil von Dentons

Transparenzhinweis: Dieser Arbeitgeber hat aktuell und/oder in der Vergangenheit Stellenanzeigen in unserem Stellenmarkt geschaltet. Das Interview wurde nicht vergütet.

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