Oliver Jan Jüngst, Partner bei Bird & Bird

"Ich habe nicht nur eine Robe, ich ziehe sie auch an"

Lesedauer: 6 Minuten

Oliver Jan Jüngst war schon bei Bird & Bird als das erste deutsche Büro eröffnete. Im Interview gibt er Einblick in den Arbeitsalltag eines Patentrechtlers, schildert seine Erfahrung mit Homeoffice und verrät, was Berufseinsteiger in seiner Kanzlei erwartet. 

Herr Jüngst, was fasziniert Sie am Beruf des Anwalts?

Ich bin eher auf dem klassischen anwaltlichen Tätigkeitsfeld unterwegs, das heißt, ich habe nicht nur eine Robe, ich ziehe sie auch an. Ich mache Litigation, wie es jetzt neudeutsch heißt, also forensische Praxis, streitige Verfahren. Und es fasziniert mich nach wie vor, dass man zu Gericht geht, sich über einen Sachverhalt streitet und irgendwann ein Ergebnis präsentiert bekommt. Im Idealfall gewinnt man und kann sich für den Mandanten freuen. Wenn man verloren hat, ist man niedergeschlagen und hofft auf die nächste Instanz.

Zudem habe ich ein recht spezielles Fachgebiet, das Patentrecht. Es macht mir viel Spaß, über den Tellerrand zu blicken und mir technisches Spezialwissen – natürlich auf laienhaftem Niveau – zu erarbeiten. Zu guter Letzt ist da noch die Internationalität. Selbst wenn ich hier in Deutschland die Verfahren führe, ist meine Mandantschaft meist international aufgestellt. Zudem werden oft zeitgleich parallele Verfahren in anderen Jurisdiktionen geführt. Das heißt, häufig werde ich auch rechtsvergleichend tätig. Das alles macht die Faszination des Anwaltsberufs auch heute noch, nach rund 20 Jahren, für mich aus.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?

Einen typischen Arbeitstag habe ich eigentlich nicht. Durch meine vergleichsweise internationale Tätigkeit reise ich viel. Wenn dies gerade nicht der Fall ist, sitze ich im Büro oder zu Hause an einer Akte. Verfahren, in denen es um Patentverletzungen geht, bedürfen einer intensiven Vorbereitung. Im Schnitt bin ich etwa alle zwei Wochen bei Gericht. Außerdem habe ich viele Telefon- oder Videokonferenzen, die durch etwaige Zeitverschiebungen oft auch erst spät abends stattfinden, beispielsweise wenn ich mit Mandanten in Kalifornien spreche.

Was war bisher das Schönste in Ihrem Berufsleben?

Bei Patentrechtsverletzungen weiß man häufig bis zum Schluss des Verfahrens nicht, wie das Gericht entscheiden wird. Wenn das Urteil dann zugunsten des eigenen Mandanten ausfällt, ist das schon ein tolles Gefühl.

Und was das Schlimmste?

Wenn man für seinen Mandanten nicht das Optimale rausholt, beispielsweise vor Gericht unterliegt, ist man schon betrübt. Aber dann gibt es ja immer noch die Möglichkeit, dies in der nächsten Instanz zu korrigieren.

Warum haben Sie sich damals für Bird & Bird entschieden?

Als wir im Jahre 2002 das erste Büro von Bird & Bird in Deutschland eröffnet haben, kannten wir viele der internationalen Kollegen schon aus der gemeinsamen Betreuung internationaler Mandate während unserer Tätigkeit in einer anderen Kanzlei. Hinzu kam, dass uns der Fokus auf Intellectual Property, also den Gewerblichen Rechtsschutz, damals sehr zusagte. Nach dem Standort Düsseldorf haben wir dann die Büros in München, Frankfurt und Hamburg eröffnet.

Mehr zum Thema: Arbeitgeberprofil von Bird & Bird 

"90% der Mitarbeiter empfehlen uns weiter"

Warum sollte sich ein Nachwuchsjurist heute für Bird & Bird entscheiden?

Bird & Bird ist eine sehr gute Adresse, wenn man international tätig sein und beispielsweise auf hohem Niveau Litigation betreiben möchte. In unseren Praxis- und Sektorgruppen sind wir sehr technik-affin. Darüber hinaus haben wir ein tolles Betriebsklima, flache Hierarchien und eine gelebte "Open Door Policy". Um unsere Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen, führen wir regelmäßig Mitarbeiterbefragungen durch. Da ich mich schon länger im Bereich Recruiting engagiere, weiß ich natürlich, dass man einiges tun muss, um im "War for Talents" mithalten zu können. Im diesjährigen "azur100"-Ranking haben wir übrigens den 5. Platz erreicht. Darüber haben wir uns sehr gefreut und es zeigt, dass für die Bewerber nicht nur das Gehalt, sondern auch die genannten Faktoren bei der Arbeitgeberwahl zunehmend eine wichtige Rolle spielen. 

Wie oft führen Sie die Mitarbeiterbefragung durch und welche Mitarbeiter nehmen daran teil?

Die Befragung führen wir einmal im Jahr anonym unter allen Bird & Bird-Mitarbeitern durch, nicht nur unter den Juristen. Was wir an den letzten Ergebnissen besonders erfreulich fanden, ist eine Weiterempfehlungsquote von über 90 Prozent bei unseren Anwälten.

Eben fiel ja schon der Begriff "Open Door Policy". Wie offen sind die Türen bei Bird & Bird im Alltag?

Sowohl bei mir als auch den anderen Partnern sind die Türen immer offen. In der Phase des Lockdowns habe ich viel aus dem Büro gearbeitet und war dann teilweise fast allein in der Kanzlei. In dieser Zeit ist mir richtig aufgefallen, wie häufig sonst jemand hereinreinkommt, um beispielsweise eine Fachfrage "auf dem kurzen Dienstweg" zu erörtert. Wir sind alle positiv überrascht, wie gut das coronabedingte Arbeiten von zu Hause aus funktioniert und was die Technik heutzutage alles möglich macht. Nur beim Thema Ausbildung sehe ich das etwas anders. Bei neuen Kolleginnen und Kollegen ist es schon gut, wenn man sich zusammensetzen und beispielsweise einen Schriftsatz gemeinsam durchgehen kann. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass jüngere Kollegen und Kolleginnen Hemmungen haben, einen Partner zu Hause anzurufen.

Homeoffice ist bei Ihnen aber schon grundsätzlich möglich?

Ja, auch vor Corona konnten unsere Rechtsanwälte bereits aus dem Homeoffice arbeiten. Im Übrigen – nach der langen Homeoffice-Phase freuen sich auch viele wieder im Büro arbeiten zu dürfen.

"Schaut, welches Rechtsgebiet euch wirklich Spaß macht"

Großkanzleien erwarten von Ihren Anwälten in der Regel, dass sie 50 bis 60 Stunden in der Woche arbeiten, gleichzeitig ist das Thema Work-Life-Balance für Berufseinsteiger heutzutage sehr wichtig. Wie bringen Sie diese entgegengesetzten Interessen bei Bird & Bird in Einklang?

Das ist eine der großen Herausforderungen, die es zu stemmen gilt. Das Problem dabei ist, dass Mandanten grundsätzlich erwarten, dass ihr Anwalt rund um die Uhr zur Verfügung steht. Ich halte es aber für absolut legitim, einem Mandanten auch mal zu sagen, dass es gerade nicht so gut passt und man später zurückruft. Wir erwarten von unseren Associates zwar, dass sie ihre Erreichbarkeit sicherstellen, aber natürlich nicht unbedingt im selben Augenblick. Sobald hier bei den Mandaten ein Umdenken stattfindet, wird sich auch an den Arbeitszeiten der Anwälte etwas ändern.

Was ist ihr Ratschlag an junge Menschen, die einmal Anwalt werden möchten?

Neugierig zu sein und zu schauen, welches Rechtsgebiet einem wirklich Spaß macht. Darüber hinaus sollte man sich nicht ausschließlich von den vermeintlichen Verdienstmöglichkeiten leiten lassen. Ich habe früher als Student in einer Hamburger Kanzlei mit einem sehr starken gesellschaftsrechtlichen Fokus gearbeitet. Ältere Kollegen haben mir damals geraten, unbedingt Steuerrecht zu machen, denn damit hätte ich immer ein gutes Auskommen. Letztendlich habe ich mich aber dagegen entschieden, da ich Steuerrecht einfach unglaublich langweilig fand.

Was würden Sie heute wahrscheinlich machen, wenn Sie nicht Anwalt geworden wären?

Mein Vater war Grafiker bzw. Layouter, das fand ich interessant. Deswegen konnte ich mir als Schüler gut vorstellen, beruflich in Richtung Werbeagentur zu gehen. Ich habe dann als Jugendlicher ein paar Praktika sowohl in Redaktionen als auch in einer Werbeagentur gemacht und fand es doch nicht mehr ganz so überzeugend.

Was ist Ihre Lieblingsbeschäftigung außerhalb der Juristerei?

Am liebsten verbringe ich meine Freizeit mit meiner Frau und meinen Kindern. Ich bin kulturinteressiert, gehe gerne in Museen und ins Kino. Außerdem spiele ich nach wie vor mit Begeisterung Fußball: Gestern konnten wir zum ersten Mal nach dem Lockdown wieder Fünf gegen Fünf spielen, das war eine große Freude.

Mehr zum Thema: Arbeitgeberprofil von Bird & Bird 

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