Interview mit Leslie Manthey, Associate bei Redeker Sellner Dahs

"Kar­riere­ziele werden bei uns klar kom­mu­ni­ziert"

Lesedauer: 6 Minuten

Leslie Manthey ist Anwältin bei Redeker Sellner Dahs. Im Interview spricht sie u. a. über Teilzeit in der Großkanzlei, die Sache mit der Work-Life-Balance und darüber, warum sich junge Juristen unbedingt spezialisieren sollten.

LTO: Frau Manthey, was fasziniert Sie am Beruf der Anwältin?

Leslie Manthey: Ich finde die Art und Weise spannend, wie man fachliche Expertise und strategisches Denken als Anwältin miteinander kombinieren kann. Als Alternative hatte ich mal angedacht, in die Justiz zu gehen. Mir ist dann aber klar geworden, dass mir das ein bisschen zu einseitig geworden wäre. Anders als in der Justiz treten wir Anwälte für jemanden oder für etwas ein und beziehen  Position – soweit es der rechtliche Spielraum erlaubt. Daran habe ich große Freude.

Was war bisher das Schönste in Ihrem Berufsleben?

Das war ein sehr spannendes Mandat, an dem ich schon in meiner Zeit als Referendarin – ebenfalls im Brüsseler Büro von Redeker – mitgewirkt habe. Wir haben damals das nationale Gericht zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bewegt. Als ich dann als Associate bei Redeker angefangen habe, durfte ich an dem Fall weiterarbeiten mit der Folge, dass mein erster Verhandlungstermin als Anwältin vor dem EuGH stattfand.

Das war wahrscheinlich mit viel Aufregung verbunden?

Wenn man sich gut auf etwas vorbereitet, hält sich die Aufregung meist in Grenzen, finde ich.

Und was war das Schlimmste?

Erfreulicherweise habe ich bisher keine wirklich schlimmen Erfahrungen gemacht. Es gibt natürlich spannendere Tage und solche, an denen man Arbeiten erledigen muss, für die man sich nicht so sehr begeistern kann. Unerfreulich sind auch Fälle, in denen man vollständig von der Position überzeugt ist, die man für einen Mandanten vertritt, aber im gerichtlichen Verfahren am Ende doch unterliegt. Zum Glück hat man dann ja häufig die Möglichkeit, in der nächsten Instanz weiterzukämpfen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?

Meine Arbeitstage sehen sehr unterschiedlich aus, je nachdem, was konkret anliegt. Das können Gerichtstermine in Deutschland oder in Luxemburg sein, Reisen zu Mandanten oder Termine bei der EU-Kommission in Brüssel. Gelegentlich stehen auch Arbeitstage in einem unserer deutschen Büros an, obwohl ich eigentlich in unserem Brüsseler Büro arbeite. Bei mir kommt außerdem hinzu, dass ich in Teilzeit arbeite und an manchen Tagen bereits mittags das Büro verlasse. Wenn weder ein solcher kurzer Tag noch externe Termine angesetzt sind, beginnt ein klassischer Arbeitstag von mir nach dem ersten Austausch mit den Kollegen in der Kaffee-Küche mit den Standard-Checks: Mails, Fristen und To-do-Liste. Danach bereite ich häufig Telefonkonferenzen mit Mandanten vor. Am Nachmittag erledige ich dann die Aufgaben, die eine längere Ausarbeitung oder Recherchen erfordern, oder eilige Anfragen, die am Vormittag eingegangen sind. Wenn ich gerade hier in Brüssel bin, kann es sein, dass ich abends noch zum Vernetzen mit unseren Ansprechpartnern bei den EU-Institutionen auf eine der vielen Fachveranstaltungen gehe.

Mehr zum Thema: Arbeitgeberprofil von Redeker

"Europarecht direkt in Brüssel - das hat mich gereizt"

Warum haben Sie sich für Redeker entschieden?

Ich war bereits in meiner Wahlstation als Referendarin im Brüsseler Büro von Redeker. Daher kannte ich die Kanzlei und wusste, dass ich dort die für mich optimale Kombination aus spannenden Mandaten und einer persönlichen Arbeitsatmosphäre mit sehr netten Kollegen finden würde. Außerdem hat mich die Möglichkeit gereizt, meinen ersten Job als Anwältin im Bereich Europarecht direkt in Brüssel antreten zu können.

Wie lief das Onboarding ab?

Das lief sehr unkompliziert ab, da ich neben der Kanzlei auch mein Team aus der Referendarszeit schon gut kannte. Als Erstes habe ich die klassischen Einweisungen in die IT, die Datensysteme und ins Qualitätsmanagement erhalten. Dann standen Arbeitsbesuche unserer Büros in Berlin und Bonn an, um auch die Kolleginnen und Kollegen dort kennenzulernen. Das ist nicht unwichtig, weil wir häufig standortübergreifend zusammenarbeiten. Schließlich wird das „Onboarding“ im Laufe der ersten Berufsjahre kontinuierlich weitergeführt über unser Zwei-Mentoren-System. Dabei fungieren jeweils zwei Partner für einen Associate als Ansprechpartner, gerade auch jenseits der unmittelbaren Mandatsarbeit. Man kann sagen, die Mentoren begleiten einen durch alle Entwicklungsstufen auf dem Weg zur eigenen Anwaltspersönlichkeit. Und noch eine schöne Geste gehört zum Onboarding bei Redeker: Am ersten Tag bekommt man als Neuling eine Robe überreicht, die einen während des gesamten Anwaltslebens begleiten soll.

Wie viele Arbeitsstunden haben Sie in der Woche?

Wie schon erwähnt arbeite ich in Teilzeit und habe grundsätzlich zwei Nachmittage in der Woche frei. Das kann ich aber auch etwas flexibel gestalten. Im Schnitt komme ich dabei auf rund 40 Stunden.

Wie gelingt Ihnen eine gute Work-Life-Balance?

Mit viel Flexibilität und einer guten Kommunikation bei uns im Team. Bei uns herrscht das Verständnis vor, dass der anwaltliche Beruf ein freier Beruf ist. Das heißt für mich, dass man auf der einen Seite Verantwortung dafür trägt, seine Arbeit fristgerecht zu erledigen und Absprachen im Team einzuhalten. Auf der anderen Seite gibt es einem die Freiheit, sich seine Tagesabläufe selbst einzuteilen. Ich nutze zum Beispiel meine Teilzeitregelung auch dazu, an "vollen" Tagen etwas früher Feierabend zu machen, um für das Abendessen mit meiner Familie Zeit zu haben. Dafür bin ich an den "halben" Tagen manchmal aber auch etwas länger im Büro als bis mittags.

"Wir haben flache Hierarchien und ein hohes Maß an Eigenverantwortung"

Wie ist das Verhältnis zu den Partnern bei Redeker?

Wir haben flache Hierarchien in einer sehr kollegialen Arbeitsatmosphäre. Als junge Associates tragen wir früh ein hohes Maß an Eigenverantwortung. In vielen Fällen arbeiten die Partner auch noch selbst an den Mandaten mit.

Worum beneiden Sie die Partner?

Wenn ich noch häufiger den Blick auf das große Ganze richten könnte, wie es Partner häufig tun, fände ich das schön. Das meine ich zum einen mandatsbezogen, weil die Partner natürlich hauptverantwortlich für die großen komplexen Mandate sind und dabei insbesondere die strategischen Entscheidungen treffen. Zum anderen meine ich damit den unternehmerischen Gestaltungsspielraum –  beispielsweise, dass man neue Geschäftsfelder erschließen kann.

In welchen Momenten denken Sie: Wie gut, dass ich kein Partner bin.

Ehrlich gesagt, ist mir der Gedanke noch nie gekommen. Ich finde, der Gestaltungsspielraum, den man als Partner auch für das Unternehmerische hat, ist ein spannender Aspekt des Anwaltslebens.

Was ist Ihr größter Wunsch für Ihre berufliche Zukunft?

Karriereziele sind bei uns klar definiert und werden auch so kommuniziert, daher würde ich deren Erfüllung nicht als Wunsch bezeichnen. Was wirkliche Wünsche angeht: mehr Gelassenheit!

Das heißt, Sie lassen berufliche Dinge zu sehr an sich ran?

Ich mache meine Arbeit gerne sehr präzise. Das ist aber wahrscheinlich ein Berufsrisiko, wenn man Anwalt ist.

"Teilzeit passt derzeit zu meiner Lebensplanung"

Kann man bei Redeker in Teilzeit auch Partner werden?

Ja, das geht.

Das streben Sie aber nicht an?

Ich strebe schon an, Partnerin zu werden. Ob ich zu dem Zeitpunkt, zu dem die Frage relevant wird, noch in Teilzeit arbeiten werde, kann ich jetzt noch nicht sagen. Das Teilzeitmodell passt zwar derzeit zu meiner Lebensplanung, aber ich habe auch schon in Vollzeit gearbeitet.

Was ist ihr Ratschlag an junge Menschen, die einmal Anwalt werden möchten?

Ich würde ihnen raten, sich schon früh zu überlegen, in welchem Rechtsbereich sie mal arbeiten möchten, und sich entsprechend konsequent zu spezialisieren. Darüber hinaus würde ich ihnen mit auf den Weg geben, dass das Jurastudium zwar manchmal anstrengender und langwieriger erscheinen mag als andere Studiengänge, dass man aber durch die Kombination aus fachlich fundiertem Studium und praktisch ausgerichtetem Referendariat sehr gut auf das Berufsleben vorbereitet wird und sich dadurch viele spannende Türen für die berufliche Zukunft öffnen.

Was ist Ihre Lieblingsbeschäftigung neben der Juristerei?

Um die Juristerei zu vergessen, rudere ich oder bastele mit meiner kleinen Tochter. Außerdem habe ich mir seit meiner Jugend die Begeisterung für britische Post-Punk-Musik erhalten. Ich reise gerne zu Konzerten nach UK, wenn es sich einrichten lässt. Die Anbindung von Brüssel ist ja ganz gut.

Was war das letzte Konzert, das Sie besucht haben?

The Good, the Bad & the Queen im letzten Jahr, in Cardiff.

Was wollten Sie als Kind werden bzw. was würden Sie heute wahrscheinlich machen, wenn Sie nicht Anwältin geworden wären?

Ich habe eigentlich schon als Kind entweder meine Nase in dicke Bücher gesteckt oder die große Bühne gesucht. Insofern würde ich vermutlich heute anstatt in der Robe im Gericht, in einem Talar vor einer Kirchengemeinde stehen. Auf jeden Fall ist mein kindlicher Wunsch, später einmal viel zu schreiben, mittlerweile in Erfüllung gegangen.


Mehr zum Thema: Arbeitgeberprofil von Redeker

Transparenzhinweis: Dieser Arbeitgeber hat aktuell und/oder in der Vergangenheit Stellenanzeigen in unserem Stellenmarkt geschaltet. Das Interview wurde nicht vergütet.

Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.

Thema:

Karriere

Verwandte Themen:
  • Karriere
  • Arbeitgeber-Insights
  • Berufseinstieg
  • Kanzleien in Brüssel

Teilen

Ähnliche Artikel