Er wisse nicht, wie er auf der Anklagebank gelandet sei, sagte der Bankier Olearius. Faeser meldete weitere Grenzkontrollen bei der EU-Kommission an. Donald Trump muss bestimmte öffentliche Äußerungen über Prozessbeteiligte unterlassen.
Thema des Tages
LG Bonn – Cum-Ex/Christian Olearius: Im Cum-Ex-Prozess vor dem Landgericht (LG) Bonn hat der angeklagte Bankier Christian Olearius seine Unschuld beteuert. Als Mitinhaber der M.M. Warburg Bank habe er weder wissentlich noch willentlich an den strafbaren Cum-Ex-Geschäften mitgewirkt. Vielmehr habe er angenommen, es handle sich dabei um legale Aktienkaufverträge. Verantwortlich für die illegalen Steuer-Deals seien andere an den Geschäften Beteiligte wie die Anwält:innen oder die Depotbank Deutsche Bank. Wie die SZ (Meike Schreiber), das Hbl (Sönke Iwersen uA), die FAZ (Marcus Jung), LTO und spiegel.de berichten, inszenierte sich der Milliardär vor Gericht als Opfer einer öffentlichen Kampagne von Medien, Behörden, der Finanzaufsicht und Justiz. Die Staatsanwaltschaft Köln wirft dem 81-Jährigen besonders schwere Steuerhinterziehung in 14 Fällen von 2006 bis 2011 mit einem Steuerschaden von rund 280 Millionen Euro vor.
Rechtspolitik
Grenzkontrollen: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nun doch stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz bei der EU-Kommission notifiziert. Die Notifizierung ist die Voraussetzung dafür, dass an den EU-Binnengrenzen in bestimmten Fällen Zurückweisungen durchgeführt werden können, zB. wenn nach einer Einreise kein Asylantrag gestellt wird. Faeser hatte im September zunächst nur verstärkte punktuelle Kontrollen an den östlichen Grenzen angekündigt, ohne diese zu notifizieren. Es berichten SZ (Markus Balser), FAZ (Helene Bubrowski) und LTO.
Volksverhetzung: Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, fordert angesichts der teils jubelnden Reaktionen in Deutschland auf die terroristischen Angriffe der Hamas auf Israel, eine Verschärfung des Straftatbestands der Volksverhetzung. So soll es zur Verwirklichung des § 130 Strafgesetzbuch (StGB) keiner Störung des öffentlichen Friedens mehr bedürfen. spiegel.de berichtet.
Massenverfahren: Die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) fordert gesetzgeberische Maßnahmen, um die Rechte von Flug- und Bahnpassagieren zu stärken. Hamburg richtete einen entsprechenden Beschlussvorschlag an die Justizministerkonferenz (JuMiKo), die Anfang November stattfinden wird. Beispielsweise sollen durch automatisierte Entschädigungsverfahren Ansprüche effektiver durchgesetzt und die Gerichte entlastet werden. Es berichtet LTO.
Internetverträge: Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) fordert von der Ampel-Koalition gesetzliche Nachbesserungen bei Ansprüchen von Kund:innen gegen ihre Netzbetreiber, sollten diese nicht die versprochene Internetqualität und -geschwindigkeit liefern. Die vzbv fordert die Festlegung eines pauschalen Schadenssatzes von 15 Euro pro Monat, bis der Fehler behoben ist. Das seit zwei Jahren bestehende Minderungsrecht sei zu aufwändig durchzusetzen. netzpolitik.org (Tomas Rudl) und spiegel.de berichten.
Justiz
LG München I – Usmanow/Durchsuchungen: Die Durchsuchungsbeschlüsse für die im September 2022 auf diversen Grundstücken und der Yacht des russisch-usbekischen Oligarchen Alischer Usmanow in Deutschland durchgeführten Razzien waren rechtmäßig. Denn es haben konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht der Steuerhinterziehung vorgelegen, so ein Beschluss des Landgerichts München I von Mitte September. Die SZ (Klaus Ott/Meike Schreiber) weist darauf hin, dass die Vorsitzende Richterin Andrea Wagner auch in anderen prominenten Steuerhinterziehungsverfahren tätig war und ist, etwa gegen Starkoch Alfons Schuhbeck oder Ministertochter Andrea Tandler.
VG Freiburg - "freiwillig Tempo 30": Das Verwaltungsgericht Freiburg hat über die Frage verhandelt, ob es rechtmäßig ist, wenn Bürger:innen auf ihrem Grund Schilder "freiwillig Tempo 30" aufstellen, die offiziellen Verkehrsschildern ähneln. Anwalt Remo Klinger sah bei den konkreten Schildern keine Verwechslungsgefahr. Die taz (Christian Rath) berichtet.
StA Stuttgart - Polizeiinspekteur Renner/Bestechlichkeit: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt jetzt gegen Andreas Renner, den freigestellten Polizei-Inspekteur von Baden-Württemberg, wegen Bestechlichkeit. Es geht dabei um ein Telefonat mit einer Polizistin, zu der er eine Affäre unterhielt. Als sie die Intimitäten beenden will, sagt Renner dass eine private Beziehung mit ihm für die Beamtin beruflich "nicht nachteilig sein" werde. Er werde sie bei der Bewerbung für höhere Positionen unterstützen. Im Juli war Renner vom Vorwurf der sexuellen Nötigung derselben Polizistin freigesprochen worden. Es berichtet bild.de.
Recht in der Welt
USA – Trump/Verschwörung: US-Richterin Tanya Chutkan hat im Zusammenhang mit dem Verschwörungsprozess gegen Donald Trump diesem bestimmte öffentliche Äußerungen über Staatsanwält:innen, mögliche Zeug:innen und Mitarbeiter:innen der Justiz untersagt. Die Staatsanwaltschaft beantragte die Schweigeverfügung, da die Aussagen Trumps im Internet andere dazu motivieren könnten, Menschen zu bedrohen und dies mögliche Geschworene verunsichern und Zeugen abschrecken könne. Laut zeit.de (Marlena Wessolek) sieht sich Trump durch die Verfügung zensiert. Dem hielt Chutkan entgegen, die Redefreiheit beziehe sich nicht auf sprachliche Belästigungen und Beleidigungen von Personen, die einfach nur ihre Arbeit machen.
Polen – Staatsanwaltschaft: Nach den Wahlen in Polen, bei denen sich eine Mehrheit für die Opposition abzeichnet, erläutert auf dem Verfassungsblog Witold Zontek, Assistenzprofessor für Strafrecht in Krakau, (in englischer Sprache), warum es nötig aber schwer werden wird, die polnische Staatsanwaltschaft zu reformieren. So habe es die PiS in den letzten Jahren geschafft, die hierarchische Struktur der Staatsanwaltschaft für ihre Zwecke zu nutzen und zu polarisieren. Unter anderem sei deshalb ein Struktur- und Mentalitätswechsel für eine Reform enorm wichtig.
Israel – Angriff der Hamas: Im Interview mit der SZ (Ronen Steinke) appelliert Michael Sfard, bekannter israelischer Menschenrechtsanwalt, an Israels Militär und Staatsführung, keine Kollektivbestrafung an den Palästinenser:innen für die terroristischen Taten der Hamas zu üben. Dies sei weder mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar noch mit einem modernen Moralsystem. Er befürchtet, dass "wir ein offenes Desinteresse an den Regeln der Kriegsführung erleben", die aber gerade das Ziel haben, die Zahl ziviler Opfer gering zu halten. Als Anwalt vertritt Sfard seit Jahren sowohl Palästinenser:innen als auch Israelis und wird für seine Positionen immer wieder stark angefeindet.
Zudem befasst sich nun auch die FAZ (Alexander Haneke) mit dem geltenden völkerrechtlichen Rahmen für militärische Aktionen Israels gegen die Hamas im Gazastreifen. Zwar gelte wegen der Anschläge der Hamas das Selbstverteidigungsrecht Israels, allerdings besteht ein Exzessverbot. Dessen Grenze wäre erreicht, wenn für Israel nicht mehr die Schwächung des militärischen Potentials der Hamas im Mittelpunkt stünde, sondern Bestrafung und Vergeltung.
Sonstiges
Billigung des Hamas-Terrors: Anlässlich der teils öffentlichen Sympathiebekundungen zu den terroristischen Taten der Hamas, erörtert der ehemalige BGH-Richter Thomas Fischer auf LTO, wann die Grenze zur Strafbarkeit überschritten ist. Unter anderem sei der Tatbestand des Billigens einer Straftat nach § 140 Strafgesetzbuch (StGB) erst dann erfüllt, wenn konkrete Tötungsdelikten der Hamas in Israel bejubelt werden. Allgemeine Solidaritätsbekundungen mit den politischen, humanitären oder rechtlichen Anliegen von Palästinenser:innen seien hingegen nicht strafbar, sondern unterfielen der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Gefängnis-Theater: Seit über 25 Jahren führen Strafgefangene des Projekts "aufBruch" im Freiluftgefangenentheater der Justizvollzugsanstalt Tegel in Berlin jeden Sommer ein Theaterstück auf. beck-aktuell (Joachim Jahn) berichtet über die diesjährige gelungene Aufführung des Stücks "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" von Bertold Brecht. Das Theaterspielen befreie den Geist und bringe ein tolles Team zusammen, erklären einzelne Laien-Schauspieler ihre Motivation.
Das Letzte zum Schluss
Zusatzkosten bei Schiffshochzeit: Augen auf beim Buchen einer Hochzeit zur See. Denn für Fotos können ggf. zusätzlich zum gebuchten Hochzeitspaket enorme Kosten anfallen, befand das Amtsgericht München. Die Fotos aus dem schiffseigenen Fotostudio seien im Gegensatz zu den mitgebuchten "Fotos der Zeremonie" spezielle, aufwendige und hochwertige Fotoprodukte gewesen, die offensichtlich nicht im "Classic"-Hochzeitspaket des Kreuzfahrtanbieters enthalten waren. Es berichtet LTO.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
LTO/ali/chr
(Hinweis für Journalist:innen)
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Die juristische Presseschau vom 17. Oktober 2023: . In: Legal Tribune Online, 17.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52932 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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