Steht das Korruptionsverfahren gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff vor dem Ende oder gibt es eine weitere Verlängerung? Das Gericht würde am liebsten am 27. Februar das Urteil fällen. Doch die Staatsanwaltschaft soll weitere Beweisanträge planen.
Knapp drei Monate nach dem Start des Prozesses gegen Christian Wulff will die Staatsanwaltschaft im Verfahren gegen den Ex-Bundespräsidenten voraussichtlich neue Beweisanträge stellen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) will Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer am nächsten Donnerstag weitere Zeugenvernehmungen beantragen, die die vom Gericht angepeilte Urteilsverkündung am 27. Februar verzögern könnten. Anlass sind Zweifel der Behörde an der Unschuld Wulffs. Offiziell wollte sich die Staatsanwaltschaft Hannover dazu nicht äußern.
Es wäre der zweite Schwung von Beweisanträgen, den Eimterbäumer im Korruptionsprozess gegen das ehemalige Staatsoberhaupt stellt. Bereits Anfang Januar hatte der Oberstaatsanwalt die Vernehmung weiterer Zeugen beantragt, darunter zur großen Überraschung der übrigen Prozessbeteiligten auch die von Wulffs Ex-Sprecher Olaf Glaeseker. Dieser konnte bei seiner Aussage vor zwei Wochen aber kaum neue Informationen liefern.
Nach dpa-Informationen dürfte es bei den neuen Anträgen auch um ein bei der Glaeseker-Vernehmung aufgetauchtes Foto gehen. Das Bild zeigt Wulff mit einem Schild in der Hand, auf dem "We miss you" steht. Der mitangeklagte Filmfinancier David Groenewold hatte das Foto kurz vor dem umstrittenen Oktoberfestbesuch mit Wulff für Glaeseker aufgenommen, weil dieser den München-Trip wegen einer Erkrankung absagen musste. Die Ermittler sehen in dem Bild einen Beleg dafür, dass Wulff und Groenewold falsche Angaben machten und sich entgegen ihrer Behauptung nicht erst im Festzelt, sondern auch vorher schon im Hotel trafen.
Kritik an "zwanghaftem" Ermittlungsstil
Am Donnerstag will das Gericht außerdem seine Entscheidung über fünf weitere Zeugenvernehmungen verkünden, die Oberstaatsanwalt Eimterbäumer Anfang Januar beantragt hatte. Prozessbeteiligte halten die Chance aber für gering, dass der Vorsitzende Richter Frank Rosenow diesen Anträgen zustimmt. Sollten alle Beweisanträge abgelehnt und die Beweisaufnahme geschlossen werden, könnte das Gericht seinen schon vorformulierten Zeitplan einhalten: Am 20. Februar würden dann die Plädoyers gehalten, eine Woche später könnte das Urteil fallen.
Die Staatsanwaltschaft wirft Wulff in dem seit November laufenden Verfahren vor, dass er sich von dem mitangeklagten Groenewold einen Teil der Kosten für den Oktoberfestbesuch mit seiner Frau zahlen ließ. Im Gegenzug soll Wulff, damals noch niedersächsischer Ministerpräsident, für ein Filmprojekt Groenewolds beim Siemens-Konzern geworben haben. Die Angeklagten erklären die Einladung mit ihrer privaten Freundschaft.
Das Verhalten der Staatsanwaltschaft ist vielfach kritisiert worden. So nannte etwa der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse den Ermittlungsstil "zwanghaft".
dpa/una/LTO-Redaktion
Prozess um Christian Wulff: . In: Legal Tribune Online, 04.02.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10872 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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