Das Bezirksamt Mitte muss die Aufstellung eines russischen Panzerwracks in der Nähe der russischen Botschaft in Berlin genehmigen. So entschied das örtliche VG im Wege einstweiligen Rechtsschutzes über eine Protestaktion.
Wie das Verwaltungsgericht (VG) Berlin im Eilverfahren entschieden hat, muss das Bezirksamt Mitte eine straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) i.V.m. § 8 Abs. 1 Fernstraßengesetz (FStrG) für die Aufstellung eines zerschossenen russischen Panzers in der Nähe der russischen Botschaft erteilen (Beschl. v. 11.10.2022, Az. VG 1 L 304/22). Den im Juni vom Berliner Verein "Historiale" gestellten Antrag auf Genehmigung hatte die Behörde zunächst abgelehnt.
Das Bezirksamt hatte seine Entscheidung unter anderem damit begründet, dass es sich bei der geplanten Aktion vor der russischen Botschaft nicht um Kunst handele. Zudem sei eine straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung abzulehnen, da kein besonders dringender Einzelfall vorliege und sowohl eine Gefährdung der Fußgänger und des Straßenverkehrs als auch der denkmalgeschützten Mittelpromenade vor der russischen Botschaft zu befürchten sei.
Wenn schon nicht Kunst, dann jedenfalls Meinung
Wie das VG nun in der im Wege einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung feststellte, ist es unerheblich, ob die Aktion als Kunst i.S.d. Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 Grundgesetz (GG) eingeordnet werden kann oder nicht. Jedenfalls stellt sie nach Ansicht des Gerichts eine Meinungsäußerung dar. "Mit dem Aufstellen des Panzerwracks bringt die Antragstellerin ihren Protest gegen den Angriff der Ukraine durch russische Streitkräfte zum Ausdruck", so das VG in seiner Entscheidung, die LTO vorliegt. Die Aktion falle daher in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Var. 1 GG.
Zwar kann der Verein nach der Auffassung des VG aufgrund des hohen Gewichts des Panzers tatsächlich nicht verlangen, das Wrack unmittelbar vor der russischen Botschaft aufzustellen. Die Straße dort sei für eine Belastung von 40 Tonnen nicht ausgelegt. Eine Genehmigung der grundrechtlich geschützten Aktion auf der sich in der Nähe befindlichen Schadowstraße dürfe die Behörde hingegen nicht verweigern. Eine für die Ablehnung der Ausnahmegenemigung nach § 46 Abs. 1 StVO erforderliche konkrete Gefahr für den Straßenverkehr bestehe nicht, so das Gericht.
Dr. Patrick Heinemann von der Kanzlei Bender Harrer Krevet, Rechtsanwalt des klagenden Vereins "Historiale", kommentiert die Entscheidung gegenüber LTO so: "Das Verwaltungsgericht hat die teils haarsträubende Argumentation des Bezirksamts abgeräumt und die Bedeutung der Meinungsfreiheit auch im Straßenverkehrsrecht unterstrichen. Damit ist klar: Die Berliner Behörden dürfen eben nicht frei darüber entscheiden, welche Formen des Protests gegen den russischen Angriffskrieg im öffentlichen Raum erlaubt sind."
pab/LTO-Redaktion
VG Berlin erlaubt Protestaktion: . In: Legal Tribune Online, 11.10.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49853 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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