Welche Verstöße gegen die Corona-Verordnung sind bußgeldbewährt und welche nicht? In Berlin ist das für Bürger gar nicht so einfach zu erkennen, findet der VerfGH. Ein Eilantrag gegen die Verordnung war nun teilweise erfolgreich.
Der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) des Landes Berlin hat den Bußgeldkatalog für Verstöße gegen Corona-Bestimmungen teilweise außer Kraft gesetzt. Betroffen ist das Bußgeld für Verstöße gegen das Mindestabstandsgebot und das Gebot, physisch soziale Kontakte auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Diese Formulierungen seien zu unbestimmt, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss des höchsten Berliner Gerichts (Beschl. v. 20.05.2020, Az. 81 A/20). Bei Verstößen gegen die genannten zwei Gebote können nun zunächst keine Bußgelder mehr erhoben werden. Andere Bußgelder, beispielsweise bei Verstößen gegen Hygieneregeln oder Obergrenzen bei Versammlungen, gelten indes weiter.
Der Eilantrag eines Rechtsanwalts war damit nur teilweise erfolgreich. Der Anwalt hatte sich gegen eine ganze Reihe von Maßnahmen der Corona-Verordnung gewandt und unter anderem die Verletzung seiner Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person und Berufsfreiheit gerügt. Sein Antrag hatte jedoch nur in Bezug auf die Bußgelder für bestimmte Kontaktbeschränkungen Erfolg.
§ 24 der Berliner Corona-Verordnung bestimmt, dass ordnungswidrig handelt, "wer vorsätzlich oder fahrlässig die in dieser Verordnung in §§ 1 bis 8 und 10 bis 19, enthaltenen Gebote und Verbote nicht beachtet. Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden". Der Berliner Senat hatte dazu am 22. April einen Bußgeldkatalog beschlossen, diesen jedoch im Laufe der Änderungen der Corona-Verordnung nicht weiter angepasst. "Als Konsequenz entsprechen von den insgesamt 59 im Bußgeldkatalog aufgeführten Tatbeständen auch bei großzügiger Auslegung nur noch 9 Tatbestände den Regelungen der aktuellen Verordnung", so das Gericht.
Die Bußgeldvorschrift beziehe sich auf § 1 Satz 1 und 2 der Verordnung und damit auf die unbestimmten Rechtsbegriffe "physisch soziale Kontakte", "absolut nötiges Minimum" und "soweit die Umstände dies zulassen". Nach Auffassung des Gerichts sei für Bürger daraus nicht ausreichend ersichtlich, was nun bußgeldbewehrt ist und was nicht. "Diese mangelnde Erkenntnismöglichkeit kann gerade rechtstreue Bürgerinnen und Bürger veranlassen, sich in ihren Grundrechten noch weiter zu beschränken, als es erforderlich wäre, um keine Ordnungswidrigkeit zu begehen", hieß es im Beschluss.
Der Gefahr, dass sich Bürger nun nicht mehr an das Kontaktverbot und Abstandsgebot halten, könne der Berliner Senat laut Gericht begegnen, indem er klarere Bußgeldvorschriften erlässt.
acr/LTO-Redaktion
VerfGH Berlin setzt außer Kraft: . In: Legal Tribune Online, 26.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41723 (abgerufen am: 25.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag