Personen, die füreinander Verantwortung übernehmen, sollen dies künftig im Rahmen einer Verantwortungsgemeinschaft rechtlich absichern können. Das BMJ hat dazu nun ein Eckpunktepapier vorgelegt.
Für Menschen, die dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen wollen, soll es nach dem Willen von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) künftig ein neues familienrechtliches Modell geben. Mit der sogenannten Verantwortungsgemeinschaft wolle man ein neues Rechtsinstitut einführen, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wohlgemerkt: nicht als Alternative zur Ehe, sondern als Angebot für andere Nähebeziehungen."
Als Beispiele nannte Buschmann Alleinerziehende, die sich gegenseitig unterstützen wollen, oder zwei alleinstehende Seniorinnen, die zusammen in einer Wohngemeinschaft leben. "Sie sind kein Paar, sie wollen nicht heiraten. Sie wollen sich gegenseitig helfen, gerade auch im Notfall." Mit der notariell beurkundeten Verantwortungsgemeinschaft könnten sie eine rechtssichere Grundlage schaffen, sagte der Justizminister. Das mache vieles einfacher, zum Beispiel das Auskunftsrecht gegenüber Ärzten oder andere Vertretungsfragen.
"Wir haben immer mehr Alleinerziehende, wir haben immer mehr alleinstehende Ältere: Ich glaube, es gibt einen Bedarf für die Verantwortungsgemeinschaft", sagte Buschmann. Sie habe "einen symbolischen Mehrwert. Wer sie eingeht, gibt einem sozialen Verhältnis eine Struktur und einen positiven Namen."
Die Verantwortungsgemeinschaft sei aber keine "Ehe light", betonte der FDP-Politiker. Der besondere verfassungsrechtliche Schutz der Ehe in Art. 6 Grundgesetz (GG) soll laut dem Eckpunktepapier, das LTO vorliegt, von der Verantwortungsgemeinschaft unberührt bleiben. "Sie wird keine Auswirkungen auf das Eltern-Kind-Verhältnis haben. Es wird keine Steuererleichterungen geben, auch keine erbrechtlichen Folgen oder Unterhaltspflichten. Wer möchte, soll allerdings den Vermögensausgleich nach Beendigung einer Verantwortungsgemeinschaft regeln können", so Buschmann. Auch aufenthaltsrechtliche Folgen sind nicht vorgesehen.
Grund- und Aufbaustufen je nach gewollter Verantwortung
Das Eckpunktepapier sieht ein Stufenmodell vor. Dieses soll sich nach dem Willen der Beteiligten richten. Bis zu sechs Personen können in der Grundstufe ihre Verantwortungsbeziehungen zueinander rechtlich absichern. Für die Grundstufe sieht das Eckpunktepapier lediglich solche Rechtsfolgen vor, die konkret an das Bestehen einer persönlichen Nähebeziehung anknüpfen. Als Beispiel wird insoweit die Organspende nach § 8 Transplantationsgesetz (TPG) genannt.
Darüber hinaus ist eine Aufbaustufe geplant, welche in vier kombinierbaren Modulen ausgestaltet ist. Ein Modul zielt dabei beispielsweise konkret auf Auskunftsansprüche gegenüber Ärzten bei medizinischen Notfällen ab. Mit dem Modul "Zusammenleben" sollen unter anderem alltägliche Besorgungen durch Regelung der Stellvertretung erleichtert werden. Außerdem sollen Personen in einer Verantwortungsgemeinschaft auch den Vermögensausgleich nach Beendigung einer Verantwortungsgemeinschaft regeln können, so das Eckpunktepapier.
Die Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft soll jederzeit durch einen Aufhebungsvertrag oder auch durch einseitige Erklärung möglich sein.
CDU sieht keine Notwendigkeit für das Gesetz
Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, hält das geplante Gesetz für überflüssig. "Wenn Alleinstehende füreinander im Alltag Verantwortung nehmen wollen, braucht es dafür schlichtweg auch kein neues, kompliziertes Rechtsinstitut. Auch nach den Plänen des Justizministers sollen sie diese Gemeinschaft ja vor dem Notar schließen müssen", sagte Krings am Sonntag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Notare hielten dazu schon seit Jahrzehnten erprobte Vertragstexte bereit, meint Krings.
Der CDU-Politiker befürchtet, dass durch das Gesetz Vielehen anerkannt werden könnten. "Niemand wird kontrollieren können, welcher Art die Verbindung zwischen den Menschen in einer solchen Verantwortungsgemeinschaft ist. Was, wenn der Staat am Ende auch Verbindungen anerkennt, die unsere Rechtsordnung bisher mit Recht strikt ablehnt?", sagte Krings.
Die Eckpunkte für das Gesetz seien gründlich vorbereitet, sagte Buschmann. Im Herbst wolle er einen entsprechenden Gesetzentwurf ins Kabinett einbringen.
jb/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
BMJ-Eckpunkte für eine "Verantwortungsgemeinschaft": . In: Legal Tribune Online, 05.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53797 (abgerufen am: 09.11.2024 )
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