Immer häufiger urteilen Jugendliche über Straftaten von Gleichaltrigen. Seit knapp fünf Jahren läuft in Hessen das Modellprojekt "Teen Court", bei dem sich junge Straftäter vor Gleichaltrigen verantworten müssen. Laut dem hessischen Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) sind die Erfahrungen bislang positiv.
Gegenstand der vor den Schülergerichten verhandelten Fälle sind kleinere Delikte wie zum Beispiel einfache Ladendiebstähle, die normalerweise mit Sozialstunden geahndet werden. Über 360 Fälle wurden bereits verhandelt.
Voraussetzung ist, dass die 14-21 Jahre alten Straftäter geständig und mit der Beurteilung durch den "Teen Court" einverstanden sind. Auf Empfehlung der Polizei landen sie dann vor einem Gremium, das aus drei dazu ausgebildeten Schülern, Studenten oder Auszubildenden besteht und von einem Sozialpädagogen begleitet wird.
Die Strafen sind meist unkonventionell und reichen vom Klavierspielen im Altenheim und Kuchen backen im Kindergarten bis zum Verzicht auf den Computer oder dem Schreiben eines Aufsatzes.
Nimmt der Täter die Strafe nicht an, landet sein Fall in der Regel vor dem Jugendgericht.
Ein "echtes Gericht" sind die "Teen Courts" nicht. Hier können die Richter nicht ermitteln, kein Urteil verkünden und auch keine echte Strafe verhängen. Von ihnen wird lediglich eine Sanktion vorgeschlagen.
Zielsetzung des kriminalpädagogischen Projekts ist eine nachhaltigere Wirkung der Sanktionen auf die jugendlichen Straftäter. Ausgangsüberlegung ist, dass Jugendlichen die Meinung Gleichaltriger meist besonders wichtig ist und Einsicht und Akzeptanz beim jugendlichen "Richterspruch" daher größer sind. Die Projektentwickler versprechen sich einen besseren Zugang der Jugendlichen zu ihren Altersgenossen.
Begonnen hat das Projekt im Jahr 2000 in Bayern. Seither dehnt es sich immer weiter aus und wird mittlerweile in Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen erprobt.
Die Idee stammt aus den USA, wo es "Teen Courts" bereits seit den 70er-Jahren gibt. Dort finden die Verhandlungen zum Teil sogar in großen Gerichtssälen, mit Robe und jugendlichen Staatsanwälten und Verteidigern statt.
Ob die von einem Jugendlichengericht verurteilten Straftäter seltener rückfällig werden und das Projekt damit nachweisbar erfolgreich ist, ist in Deutschland nicht wissenschaftlich belegt.
Teen Courts: . In: Legal Tribune Online, 02.08.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1117 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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