Die im September gegründete Task Force zur Bekämpfung von Hassbotschaften im Internet hat sich auf ein Maßnahmenpapier geeinigt: Facebook, YouTube und Twitter wollen konsequenter umsetzen, was sie auch bisher zu tun behauptet haben.
Die "Task Force" genannte Arbeitsgruppe wurde auf Betreiben von Justizminister Heiko Maas (SPD) ins Leben gerufen, nachdem die Zahl hetzerischer, zu Hass und teilweise zu Gewalt anstachelnder Beiträge in sozialen Medien zuletzt insbesondere im Zusammenhang mit den Flüchtlingsströmen stark zugenommen hatte. Vereinzelt kommt es in solchen Fällen zwar zu Ermittlungen und Anklageerhebungen durch die Staatsanwaltschaft (die etwa hier, hier und hier in recht spürbare Strafurteile mündeten). Doch aus der Welt sind die Kommentare dadurch nicht – zumal die Staatsanwaltschaften angesichts der hohen Fallzahl ohnehin nur einem kleinen Prozentsatz nachspüren können.
Deshalb sollen die Plattformen selbst stärker gegen rechtswidrige Inhalte vorgehen. "Wichtig ist, dass einheitlich deutsches Recht angewandt wird. Das heißt: nicht nur Nutzungsbestimmungen, so wie dies bisher in einigen Fällen der Fall war", kommentierte Maas das am Dienstag veröffentlichte Maßnahmenpapier der Task Force. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass die Konzerne Postings künftig "auf Grundlage des deutschen Rechts, insbesondere § 130 StGB (Volksverhetzung)" prüfen werden. Die Nutzungsbedingungen von YouTube, Twitter und Facebook untersagten allerdings auch bislang schon die Verbreitung von rechtswidrigen Inhalten und die Förderung von Hass gegenüber anderen, sodass die spezifische Erwähnung der deutschen Rechtsordnung eher deklaratorischen Charakter haben dürfte.
Zügig prüfen, transparent berichten
Als problematisch erwiesen sich bislang nämlich nicht die Richtlinien der Unternehmen, sondern deren praktische Umsetzung: Insbesondere auf Facebook bemängelten Nutzer häufig, dass von ihnen zur Anzeige gebrachte Posts durch das Unternehmen nicht entfernt wurden, selbst wenn sie eindeutig zu Hass und Gewalt aufriefen und strafrechtlich relevant waren. Die Staatsanwaltschaft eröffnete aufgrund dieser nachlässigen Handhabung gar ein Ermittlungsverfahren wegen Anstiftung zur Volksverhetzung gegen drei deutsche Facebook-Manager. Vielleicht auch vor dem Hintergrund dieses Verfahrens haben die Internetplattformen nun eine Reihe von Selbstverpflichtungen getroffen.
Die "Mehrzahl" der gemeldeten Inhalte soll danach binnen 24 Stunden geprüft und ggf. entfernt werden. Hierzu sollen eigene Mitarbeiter beschäftigt werden, die in Zweifelsfällen einen Juristen konsultieren können.
Zudem sollen Organisationen der Zivilgesellschaft stärker eingebunden werden, etwa durch Schulungen bei den Unternehmen oder kostenlose Anzeigevolumina für Maßnahmen der "Bewusstseinsbildung" und Kampagnen zur Förderung von "Counter Speech", der Gegenrede zu ausgrenzenden Äußerungen. Außerdem sieht der Entwurf die Möglichkeit vor, NGOs den Status eines "Trusted Reporters" zu verleihen, über dessen Kompetenzen jedoch nichts Näheres vereinbart ist.
Wer darf bei der Löschentscheidung mitreden?
Die Beteiligung von NGOs, die regelmäßig eine eigene politische Agenda haben, ist aus deutscher Perspektive ungewöhnlich. Ob sie die Konzerne nur beratend unterstützen, oder über Löschungen selbst mitentscheiden sollen, legt das Papier nicht fest.
Aktuell sind als zivilgesellschaftliche Organisationen in der Task Force vertreten: eco – Verband der Inernetwirtschaft e.V., die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM), jugendschutz.net, klicksafe.de, die Amadeu-Antonio-Stiftung (Netz gegen Nazis) sowie der Verein Gesicht zeigen!
Dem Wortlaut nach bedeuten die Vereinbarungen der Task Force keine grundlegenden Änderungen in der Löschpolitik von YouTube, Twitter und Facebook. Inwiefern sich deren praktische Anwendung ändert, dürfte sich spätestens zur geplanten Evaluierung im Sommer 2016 zeigen. Dem Maßnahmenpaket vorangestellt ist die gemeinsame Erklärung, "dass Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung unerlässliche Voraussetzungen für die vollständige Entwicklung der Persönlichkeit sind".
Constantin Baron van Lijnden, Task Force gegen Internet-Hetze: . In: Legal Tribune Online, 15.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17870 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag