Das Strafverfahren gegen Ex-DFB-Präsident Wolfgang Niersbach wird gegen Zahlung von 25.000 Euro eingestellt. Das ist weder ein Schuldeingeständnis noch ein Freispruch. Gegen zwei weitere Funktionäre laufen die Prozesse weiter.
Mehrere ehemalige DFB-Funktionäre müssen sich vor dem Landgericht (LG) Frankfurt wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2006 verantworten (Az. 5/2 KLs 11/18). Einer von ihnen ist bislang Ex-DFB-Präsident Wolfgang Niersbach - doch nun entschied das Gericht, den laufenden Prozess gegen den 73-Jährigen gegen Zahlung von 25.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen einzustellen. Am Montag setzte das Gericht das Verfahren gegen Niersbach für einen Monat aus.
Erfüllt Niersbach bis zum 9. September die Geldauflage, ist der Prozess für ihn endgültig beendet. Dies dürfte nur eine Formsache sein, da der 73-Jährige der Vereinbarung ebenso wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt zustimmte. Der Beschluss vom Montag markiert damit das Ende der WM-Affäre für den ehemaligen DFB-Boss, der durch den 2015 öffentlich gewordenen Skandal rund um die Fußball-WM 2006 tief gefallen war.
Angeklagt war Niersbach zusammen mit seinem Vorgänger im Amt, Theo Zwanziger, sowie dem früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt. Es ging um Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall (§ 370 Abs. 1, 3 Abgabenordnung). Die einstigen Spitzenfunktionäre des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sollen eine im April 2005 an den Weltverband FIFA erfolgte Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro in der Steuererklärung für 2006 unrechtmäßig als Betriebsausgabe deklariert haben. So sollen sie die Steuer für das WM-Jahr um rund 13,7 Millionen Euro gekürzt haben. Alle drei Angeklagten weisen den Vorwurf strikt zurück.
Verteidigerin: “Kein Schuldeingeständnis”
Schon vor der Sommerpause des Steuerprozesses hatte die Richterin die Abtrennung des Verfahrens gegen Schmidt aus gesundheitlichen Gründen verfügt. Zwanziger hatte das Gericht keine Einstellung vorgeschlagen, da der 79-Jährige laut Distler auf einen Freispruch abziele. Dieser sei erst am Ende des Prozesses möglich. “Eine Einstellung des Verfahrens kommt daher nach Würdigung der bisherigen Beweisaufnahme für die Kammer derzeit nicht infrage”, sagte die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler.
Niersbach hingegen wird nun gegen Zahlung von 25.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen aus dem Verfahren entlassen. Dies erfolgt auf Grundlage des § 153a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Strafprozessprozessordnung (StPO). Da dies die Zustimmung von Staatsanwaltschaft und Angeklagtem voraussetzt, ist insofern häufig auch von einer Einigung oder einem Deal die Rede. Die Einstellung nach § 153a StPO ist jedoch nicht zu verwechseln mit einer Verständigung nach § 257c StPO, deren Bestandteil ein Geständnis sein soll.
Dementsprechend betonte Niersbachs Verteidigerin Renate Verjans, dass die Einstellung des Verfahrens “kein Schuldeingeständnis” sei. Ihr Mandat nutze nun die Möglichkeit, “die Belastungen für ihn und seine Familie” zu beenden. Der heute 73-Jährige war nach einem stetigen Aufstieg beim DFB von 2012 bis 2015 dessen Präsident, ehe er wegen der WM-Affäre zurücktrat. “Herr Niersbach muss seit neun Jahren erleben, wie sein berufliches Lebenswerk verunglimpft wird”, hatte sie zum Prozessauftakt im März gesagt.
Prozesse gegen Zwanziger und Schmidt laufen weiter
Richterin Distler begründete die Verfahrenseinstellung am Montag damit, dass Niersbach “möglicherweise der Einzige ist, der nicht explizit involviert war in die Vorgänge”. Zudem sei der ehemalige DFB-Präsident durch den Skandal am tiefsten gefallen. “Für ihn war es ein persönliches Waterloo. Er hat alle Ämter verloren. Die Auswirkungen waren deutlich größer als bei den anderen Angeklagten”, sagte die Richterin. Auch sie stellte klar: “Dies ist kein Freispruch. Der Tatverdacht besteht weiter, auch wenn die Schuld als gering zu betrachten ist.”
Oberstaatsanwalt Jesco Kümmel bezeichnete die Entscheidung als “sachdienlich und gerechtfertigt”, obwohl die Staatsanwaltschaft ursprünglich eine Geldauflage von 58.000 Euro angedacht hatte.
Die Prozesse gegen Zwanziger und Schmidt laufen nun weiter. Offene Fragen gibt es genug: Die FIFA hatte die 6,7 Millionen Euro nur einen Tag nach dem Eingang an Robert Louis-Dreyfus weitergeleitet. Der französische Unternehmer hatte im Jahr 2002 ein Darlehen in Höhe von zehn Millionen Schweizer Franken auf ein Konto von Franz Beckenbauer überwiesen. Diese Summe war später auf einem Firmenkonto des damaligen FIFA-Vizepräsidenten Mohamed bin Hammam in Katar gelandet. Welchem Zweck das Geld diente, ist immer noch unklar. Als weitere Zeugen vor Gericht werden unter anderem noch der ehemalige FIFA-Präsident Joseph S. Blatter sowie die Ex-DFB-Präsidenten Fritz Keller und Reinhard Grindel erwartet.
dpa/mk/LTO-Redaktion
Gegen Zahlung von 25.000 Euro: . In: Legal Tribune Online, 26.08.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55270 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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