Eine Eventagentur kaufte Tischreservierungen für das Münchener Oktoberfest und verkaufte sie dann für ein Vielfaches des ursprünglichen Betrags weiter. Das stört die Festzeltbetreiber – und ist unlauter, wie das OLG entschied.
Der Weiterverkauf von Reservierungen für das Oktoberfest bleibt nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München verboten (Urt. v. 07.07.2022, Az. 6 U 7831/21). Die Betreiber des Festzeltes "Ochsenbraterei" hatten eine Eventagentur verklagt, weil sie Reservierungen von Dritten abkaufte und sie dann für sehr viel mehr Geld auf einer Online-Seite zum Weiterverkauf anbot. Die Betreiber der "Ochsenbraterei" bekamen nun einmal mehr weitgehend Recht.
Im Zelt selbst kosteten Reservierungen maximal 400 Euro für einen Tisch mit zehn Personen - auf der Online-Plattform der Agentur hingegen zwischen 1.990 und 3.299 Euro. In den Reservierungsbedingungen der "Ochsenbraterei" heißt es unter anderem, dass die Reservierung nicht an Dritte übertragen werden darf. Außerdem ist es nach den Bedingungen "verboten, Reservierungen oder Reservierungsbändchen zu überhöhten Preisen oder mit unmittelbarer Gewinnerzielungsabsicht weiterzuverkaufen oder zum Kauf anzubieten." Bei einem Verstoß dagegen besteht laut den Bedingungen keine Pflicht, einem Inhaber der Reservierungsbestätigung, der nicht Vertragspartner der "Ochsenbraterei" ist, Plätze zur Verfügung zu stellen.
Die "Ochsenbraterei" machte wegen des Weiterverkaufs der Reservierungen unter anderem wettbewerbsrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geltend. Das Landgericht (LG) München I hatte der Klage in erster Instanz vollumfänglich stattgegeben. Nach Ansicht des LG nimmt die Eventagentur eine irreführende geschäftliche Handlung vor, indem sie die Erwerber der Tischreservierungen darüber täusche, in der Lage zu sein, dem Erwerber einen wirksamen und rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf einen reservierten Platz im Festzelt der "Ochsenbraterei" zu verschaffen, was tatsächlich nicht der Fall sei. Dagegen ging die Eventagentur in Berufung.
Unterlassung ja, Schadensersatz nein
Das OLG München bestätigte die Ansicht der Vorinstanz nun. Der Weiterverkauf der Tickets sei irreführend und damit unlauter gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Ob eine Irreführung vorliegt, richte sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr das Angebot aufgrund seines Gesamteindrucks versteht, so das OLG. Ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Verkehrsverständnisses hielt das OLG für überflüssig. "Der Senat kann die Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde beurteilen, da seine Mitglieder selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören", heißt es im Urteil.
Der Verkehr erwarte demnach, dass sich keine Zweifel an der rechtlichen Übertragbarkeit der Tickets ergeben und dass weder ein rechtliches noch ein faktisches Risiko besteht, den reservierten Tisch nicht erhalten zu können. Bei der Tischreservierung über die Eventagentur erhalte der Erwerber aber keinen sicher durchsetzbaren Anspruch auf Einräumung eines Tisches gegen die Betreiber der "Ochsenbraterei". Vielmehr bestehe das Risiko, dass der Anspruch aufgrund des Abtretungsverbots nicht bestehen könnte. Der "Ochsenbraterei" stehe somit ein Unterlassunganspruch zu.
Das OLG sah allerdings - anders als die vorherige Instanz - keinen Anspruch auf Drittauskunft für die "Ochsenbraterei". Das LG hatte die Agentur noch dazu verurteilt, den Festzeltbetreibern Auskunft über Namen und Anschrift der Ersterwerber und/oder Zwischenhändler zu erteilen, von welchen sie die angebotenen Reservierungen angekauft hat. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die begehrten Auskünfte geeignet und erforderlich wären, um künftige Rechtsverletzungen durch Verschließen der Bezugsquelle zu verhindern, urteilte das OLG. Auch eine Schadensersatzpflicht bestehe nicht, da es "an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit eines Schadens" fehle.
Nach Gerichtsangaben ist es der erste in einer Reihe ähnlicher Fälle, der nun obergerichtlich entschieden worden ist.
acr/LTO-Redaktion
OLG München sieht Wettbewerbsverstoß: . In: Legal Tribune Online, 07.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48976 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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