Ein Gynäkologe muss nicht für entstandene Schäden durch eine wirkungslose Verhütungsmethode aufkommen, entschied das OLG Hamm. Ein Mediziner hatte eine Anomalie seiner Patientin nicht erkannt und ihr eine Spirale eingesetzt.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat die Haftung eines Gynäkologen abgelehnt, der einer Patientin eine Spirale eingesetzt hatte, obwohl diese bei der Frau aufgrund einer Anomalie keine verhütende Wirkung entfalten konnte. Wer aus vollständig erhobenen Befunden einen falschen Schluss ziehe, unterliege einem – für sich genommen noch nicht heftungsbegründenden – Diagnoseirrtum, so die Entscheidung (Urt. v. 29.05.2015, Az. 26 U 2/13).
Die Frau, die zwei Jahre nach der Behandlung des Gynäkologen eine gesunde Tochter zur Welt gebracht hatte, klagte auf Schadensersatz. Sie wollte Ersatz für ihren Verdienstausfall sowie für die Kosten für Unterhalts- und Betreuungsleistungen für ihre Tochter. Hinzu sollte ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro kommen. All dies lehnten die Richter jedoch ab.
Extrem seltene Anomalie musste nicht erkannt werden
Bei der Behandlung im Jahr 2005 habe der Arzt alle Untersuchungen vorgenommen, die nach dem medizinischen Standard geboten gewesen seien, entschied das Gericht. Für die Anomalie hätten zuvor keine Hinweise bestanden, weshalb der Mediziner keine über die Ultraschallkontrolle hinausgehenden Untersuchungen hätte anstellen müssen.
Das Gericht erkannte damit auf einen Fall des Diagnoseirrtums. Für diesen müsse ein Arzt nur dann haften, wenn die Diagnose im Zeitpunkt der Behandlung aus der Sicht eines gewissenhaften Arztes medizinisch nicht vertretbar sei. Mehrere Sachverständige hätten den beklagten Gynäkologen entlastet, teilte das Gericht mit. Ihm könne also nicht vorgeworfen werden, die extrem seltene Anomalie nicht erkannt zu haben. Hierfür spreche auch, dass sich die Frau seit langen Jahren in frauenärztlicher Behandlung befunden habe und sich aus diesen Untersuchungen keine Anhaltspunkte für eine Anomalie ergeben hätten.
una/LTO-Redaktion
OLG Hamm zu ungeplantem Kind: . In: Legal Tribune Online, 08.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16135 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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