Krankenkassen dürfen Beiträge für Versicherte, die sich nach einer Scheidung für eine einmalige Abfindung statt Unterhalt entschieden haben, nicht auf ein Jahr umlegen. Angemessen sei vielmehr ein Zeitraum von zehn Jahren, so das LSG Niedersachsen-Bremen in einem nun bekannt gegebenen Urteil.
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass die Abfindungszahlung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken-und Pflegeversicherung nicht auf zwölf Monate, sondern auf zehn Jahre zu verteilen ist (Urt. v. 29.01.15, Az. L 1/4 KR 17/13).
Die Klägerin beantragte nach ihrer Scheidung die Aufnahme in die Versicherung als freiwilliges Mitglied. Von ihrem ehemaligen Ehemann hatte sie einen Abfindungsbetrag für den nachehelichen Unterhaltsanspruch in Höhe von 35.000 Euro erhalten. Die beklagte Krankenkasse berücksichtigte die Abfindungszahlung bei der Festsetzung der Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Sie legte diese auf zwölf Monate um, indem sie von beitragspflichtigen monatlichen Einnahmen in Höhe von 2.916,67 Euro ausging. Hiergegen wandte sich die Klägerin. Da sie sich ihren kompletten Unterhaltsanspruch habe abfinden lassen, sei die Abfindungszahlung zumindest auf zehn Jahre umzulegen.
Die Vorinstanz hatte die Krankenkasse verurteilt, die Höhe des Gesamtbeitrages zur Kranken- und Pflegeversicherung auf der Grundlage der Mindestbeitragsbemessungsgrenze festzusetzen. Zwar sei nach § 5 Abs. 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler eine einmalige beitragspflichtige Einnahme dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 zuzuordnen. Da mit der Zahlung der Abfindung die nachehelichen Unterhaltsansprüche vollständig abgegolten wurden, sei jedoch eine Umlegung auf zwölf Monate nicht gerechtfertigt. Die Abfindung sei vielmehr mit einem Versorgungsbezug oder einer Kapitalabfindung vergleichbar, so dass sie entsprechend der Regelung des § 5 Abs. 4 der Beitragsverfahrensgrundsätze auf 120 Monate (10 Jahre) umzulegen sei.
Unangemessene Schlechterstellung gegenüber monatlichem Unterhalt
Das LSG hat diese Entscheidung nun bestätigt. Bei der Bemessung der Beiträge für freiwillige Mitglieder sei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen; tatsächlich nicht erzielte Einnahmen dürften nicht fingiert werden. Die Beitragsverfahrensgrundsätze sähen für die streitige Abfindung eines nachehelichen Unterhaltes keine passende Regelung vor. Die Beurteilung als einmalige Einnahme mit einer Zuordnung von 1/12 würde zu einer unangemessenen Schlechterstellung der Klägerin gegenüber Personen führen, die ihren nachehelichen Unterhalt regelmäßig monatlich über einen längeren Zeitraum erhalten.
Daher bestimme der Zufluss der 35.000 Euro entgegen der Ansicht der beklagten Krankenkasse nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin für ein Jahr, sondern ersetze den Unterhaltsanspruch mehrerer Jahre, also eine monatlich regelmäßig wiederkehrende Leistung. Versorgungsbezüge, die eine Einkommens- oder Unterhaltsersatzfunktion hätten, würden auf 10 Jahre verteilt. Daher sei auch die Verteilung der Abfindung auf 10 Jahre angemessen.
acr/LTO-Redaktion
LSG zu Krankenkassenbeiträgen: . In: Legal Tribune Online, 11.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15509 (abgerufen am: 16.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag