Das LSG in Mainz hat entschieden, dass Kriegsteilnehmer, die spezielle Zusatzrenten erhalten, sich diese auf Sozialleistungen anrechnen lassen müssen. Wie viele Menschen die Entscheidung betrifft, ist noch unklar, ein Einzelfall ist es aber keinesfalls.
Russische Zusatzrenten für Kriegsteilnehmer können in Deutschland den Anspruch auf Sozialhilfe mindern oder sogar ausschließen. Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz entschied nach einer Mitteilung vom Donnerstag, diese Leistungen seien auf das Einkommen anzurechnen (Beschl. v. 27.08.15, Az. L 5 SO 70/15 B ER). Damit bestätigte das Gericht eine Entscheidung des Sozialgerichts Trier, das die Klage eines Ehepaares aus Trier abgelehnt hatte.
Die Ehepartner beziehen aus Russland neben einer Altersrente noch eine sogenannte DEMO-Rente, eine Invalidenrente und einen Zuschlag zur Altersrente. Die drei Sonderzahlungen werden gewährt für Teilnehmer des Großen Vaterländischen Krieges sowie für Träger des Zeichens "Überlebende der Blockade Leningrads".
Nachdem der Sozialhilfeträger zunächst nur die Altersrenten in Höhe von insgesamt 660 Euro als Einkommen berücksichtigt hatte, rechnete er ab dem 1. Mai 2015 auch die DEMO-Renten in Höhe von insgesamt 37 Euro, die Invalidenrenten in Höhe von insgesamt 428 Euro und die Rentenzuschläge in Höhe von insgesamt 50 Euro auf den Sozialhilfeanspruch an, der sich dadurch deutlich verringerte.
Die Kläger hatten hiergegen argumentiert, diese Zahlungen seien vergleichbar mit nicht anrechenbaren deutschen Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) für Kriegsopfer und dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Opfer des NS-Regimes.
Leistungen dienen nicht dem Ausgleich von Einzelfallunrecht
Das LSG wies dies zurück. Die russischen Leistungen seien nicht mit der nach den deutschen gesetzlichen Regeln anrechnungsfreien Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz bzw. mit den Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz vergleichbar.
Zwar müssten aus Gründen der Gleichbehandlung auch ausländische Leistungen mit vergleichbarem Zweck anrechnungsfrei bleiben. Die russischen Leistungen dienten aber - anders als die nach dem BVG und dem BEG - nicht dem Ausgleich eines durch ein erlittenes Einzelfallunrecht entstandenen individuellen Schadens, sondern würden unabhängig von einer als Sonderopfer zu würdigenden Schädigung und einer individuellen Bedürftigkeit als staatliche Gratifikation gewährt.
Nach Ansicht des Gerichts in Mainz sei von dem Urteil vermutlich "eine größere Zahl" von Menschen betroffen. Es handele sich "um keine Einzelfälle". Nähere Angaben konnte es nicht machen.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
LSG Rheinland-Pfalz zu Sozialhilfe: . In: Legal Tribune Online, 10.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16864 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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