Die Kritiker des Rundfunkbeitrages merken auf: Das LG Tübingen sieht Europarecht verletzt und wendet sich nun mit einem Fragenkatalog an den EuGH. Zum Teil legt der Richter dabei überraschende Ansichten vor.
Das Landgericht (LG) Tübingen hat eine Reihe von Zwangsvollstreckungsverfahren aufgrund des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RdFunkBeitrStVtr) des Landes Baden-Württemberg ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Wege einer Vorlage gefragt, ob der Rundfunkbeitrag europarechtlich zulässig ist (Beschl. v. 03.08.2017, Az. 5 T 246/17 u. a.).
Hintergrund sämtlicher Verfahren waren Zwangsvollstreckungsbescheide über mitunter mehrere Hunderte Euro, die der Südwestrundfunk (SWR) aufgrund von ihm selbst erstellter Festsetzungsbescheide erlassen hatte. Ein Gericht war an dem Verfahren nicht beteiligt, vielmehr erlaubt es die rechtliche Situation in Deutschland den Rundfunkanstalten, die Gebühren selbst einzutreiben.
Gegen die Bescheide wandten sich die Betroffenen zunächst vor dem zuständigen Amtsgericht, hatten damit aber keinen Erfolg. Auf ihre Beschwerden hin wurde das LG Tübingen mit der Sache befasst, welches nun deutliche Kritik an den rechtlichen Grundlagen der Rundfunkbeitragserhebung übte. Die aus seiner Sicht relevanten Fragen legte der befasste Einzelrichter dem EuGH zur Entscheidung vor.
Ist der Rundfunkbeitrag doch eine Steuer?
Im Raum steht vor allem die Annahme, es handele sich beim Rundfunkbeitrag um eine europarechtlich unzulässige Beihilfe. Der zwangsweise erhobene Beitrag fließe praktisch ungekürzt an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Er sei jedenfalls seit der Umstellung von einer gerätebezogenen auf eine haushaltsbezogene Zahlungspflicht auch nicht von einer Gegenleistung der Sender abhängig und komme somit einer Steuer gleich, so das Gericht.
Aus diesem Grund handele es sich um eine staatliche Beihilfe, die zum Nachteil der konkurrierenden inländischen privaten Sender gehe. Auch ausländische Sender würden vom deutschen Markt verdrängt. Hierin liege ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Gleichbehandlungsgebot und die Informationsfreiheit.
Damit stellte sich das Gericht gegen eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), welches sich zur Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags geäußert hat. Dabei hatten die Richter festgestellt, dass durchaus eine Gegenleistung vorliege und der Beitrag somit ist nicht als Steuer anzusehen sei.
Update: Leider mussten wir die Kommentarspalte zu diesem Artikel nachträglich schließen. 25.02.2018
Maximilian Amos, Rundfunkbeitrag vor EuGH: . In: Legal Tribune Online, 05.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24317 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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