Vor einem herunterfallenden Wohnzimmerrollo erschreckte eine Mieterin so stark, dass sie sich verletzte. Schadensersatz vom Vermieter bekommt sie dafür aber nicht - laute Geräusche gehörten nun mal zur Alltagswirklichkeit, so das Gericht.
Vermieter müssen ihren Mietern keine Schäden ersetzen, die diesen durch das eigene schreckhafte Verhalten entstanden sind. Dafür fehlt es nach einem jetzt bekannt gewordenen Urteil des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth am adäquat kausalen Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung auf Vermieter- und Rechtsgutverletzung auf Mieterseite (Urt. v. 18.06.2018, Az. 7 S 5872/17).
In dem Fall war eine Mieterin kurz nach ihrem Einzug auf einer Treppe in den Garten beinahe gestürzt. Den Grund dafür sah die Frau in einem Wohnzimmerrollo, das aus einer Höhe von 2,20 Meter heruntergekracht war. Dadurch habe sie sich so erschrocken, dass sie das Gleichgewicht verlor. In letzter Sekunde konnte sie sich noch mit der rechten Hand an einer Säule festhalten und so einen Sturz vermeiden, trug die Frau nach Gerichtsangaben vor. Dadurch habe sie sich schwer am Handgelenk verletzt und unter anderem einen Knorpelschaden sowie einen Teilbänderriss erlitten.
Von ihrem Vermieter verlangte die Frau dann unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro und den Ersatz des Haushaltsführungsschadens, den sie auf 52.000 Euro bezifferte. Kurz vor dem Vorfall hatte sie ihn noch auf das "schwergängige" Rollo hingewiesen.
Laute Geräusche gehören zur Alltagswirklichkeit
Das Amtsgericht (AG) Schwabach konnte die Mieterin von einer Schadensersatzpflicht ihres Vermieters jedenfalls nicht überzeugen (Urt. v. 14.08.2017, Az. 4 C 1343/16). Das AG zweifelte bereits daran, ob der Vermieter seine Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt hatte, dass er das defekte Rollo nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt reparieren lassen wollte.
Jedenfalls sei die Verletzung der Frau aber nicht adäquat kausal auf eine mögliche Pflichtverletzung des Vermieters zurückzuführen. Es habe sich in der Situation vielmehr das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, urteilte das AG. Laute Geräusche gehörten schließlich zur Alltagswirklichkeit, sodass ein Erschrecken über ein plötzliches Geräusch dem Risikobereich der Mieterin zuzurechnen sei.
Das sah auch LG nicht anders, als es über die Berufung der Mieterin zu entscheiden hatte. Die Verletzung sei nicht unmittelbar durch das herabfallende Rollo, sondern vielmehr erst durch die Reaktion der Mieterin auf das Geräusch nach dem Aufprall verursacht worden.
Eine solche "Überreaktion" gehöre aber zum allgemeinen Lebensrisiko. Es hätten sich einfach mehrere unglückliche Umstände aneinandergereiht, entschied das LG. Anders hätte der Fall nur beurteilt werden müssen, wenn der Sturz unmittelbar durch das Rollo - zum Beispiel durch eine Berührung - ausgelöst worden wäre.
mgö/LTO-Redaktion
LG Nürnberg-Fürth vermisst Kausalzusammenhang: . In: Legal Tribune Online, 25.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29959 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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