Ein NPD-Politiker wird wegen seines KZ-Tattoos zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Er geht in Berufung, lässt das Tattoo umgestalten - und muss nun ins Gefängnis.
Der Staatsanwalt fordert weniger, das Gericht erhöht: Ein NPD-Lokalpolitiker aus Brandenburg ist am Montag wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Das Landgericht (LG) Neuruppin entsprach damit der Forderung der Staatsanwaltschaft und ging über das ursprüngliche Strafmaß hinaus. Und das, obwohl Ankläger Torsten Lowitsch seine Forderung vor der Kammer reduziert hatte (Urt. v. 07.11.2016, Az. 14 Ns 25/16).
Der 28-Jährige Politiker hatte in der ersten Instanz bereits gestanden, eine Tätowierung mit den Umrissen des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und dem Spruch "Jedem das Seine" in einem Schwimmbad gezeigt zu haben. Hierfür hatte die Staatsanwaltschaft eine Strafe von 10 Monaten ohne Bewährung beantragt. Das Amtsgericht (AG) Oranienburg blieb mit der verhängten Freiheitsstrafe von sechs Monaten deutlich darunter und setzte diese zur Bewährung aus. Sowohl Ankläger als auch Verteidigung legten dagegen Berufung ein.
Zwar war der Angeklagte zu dieser Zeit bereits wegen Körperverletzung und Amtsanmaßung vorbestraft, doch sei er nicht wegen einschlägiger politischer Delikte in Erscheinung getreten, erklärte damals die Richterin. Das Tragen des Tattoos sei im Übrigen nicht strafbar, wohl aber das Zeigen, welches seine Billigung zum Ausdruck bringe.
Bis zur Berufungsverhandlung hatte der Verurteilte das Tattoo nun umgestalten lassen. Zum Beweis präsentierte der Verteidiger Handyfotos. Obgleich, wie Staatsanwalt Lowitsch danach schilderte, der Spruch "Jedem das Seine" nicht getilgt worden sei, trug er dem Rechnung und beantragte nun lediglich eine Strafe von acht Monaten. Diese sei aber nicht zur Bewährung auszusetzen, erklärte er: Es sei "eine staatliche Reaktion aus Gründen der Verteidigung der Rechtsordnung geboten". Die Verteidigung beantragte unter Verweis auf die Entfernung des Tattoos einen Freispruch. Es handele sich jetzt um tätige Reue, weil der 28-Jährige auch in Zukunft in ein Spaßbad gehen wolle, so Wolfram Nahrath.
"Rechtsradikalismus ist auf dem Vormarsch": keine Bewährung
Das Gericht sah allerdings keinen Grund, die Strafe aus der Vorinstanz zu reduzieren. Vielmehr folgte es nun der Forderung der Staatsanwaltschaft. Dabei hätten vor allem "generalpräventive" Gesichtspunkte eine Rolle gespielt, erklärte Gerichtssprecherin Iris le Claire gegenüber LTO.
"In letzter Zeit ist es vermehrt zu fremdenfeindlichen Straftaten gekommen und der Rechtsradikalismus ist auf dem Vormarsch" erläuterte le Claire. Somit sei nach Ansicht des Gerichts auch eine Bewährungsstrafe nicht mehr angemessen gewesen. Sein Verteidiger kündigte nach dem Urteil an, dass man Revision einlegen wolle.
Die jüdische US-Autorin Deborah Feldman, die als Prozessbeobachterin anwesend war, begrüßte hingegen das Urteil: "Ich dachte, dass hier nichts passieren wird. Jetzt zeigt sich aber der starke Arm des Gesetzes. Das ist sehr erfreulich". Auch die brandenburgische Landtagsabgeordnete Inka Gossmann-Reetz (SPD) lobte es als "deutliches Zeichen der Justiz".
Ins Rollen gekommen war der Prozess ursprünglich, weil ein Journalist ein Foto des Tattoos auf Facebook gepostet hatte. Der Verurteilte trägt nun anstelle der KZ-Umrisse ein neues Tattoo auf dem Rücken: Es zeigt die Figuren Max und Moritz von Wilhelm Busch.*
mam/LTO-Redaktion/dpa
*Anm. d. Red.: Dopplung aus Text entfernt am Tag der Veröffentlichung, 16:17 Uhr.
Härtere Strafe für NPD-Politiker: . In: Legal Tribune Online, 07.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21078 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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