Die Wahlkampfplakate der rechtsextremen Partei "Der Dritte Weg" sorgen in Deutschland vielerorts für Aufsehen. In München hat die Polizei bereits begonnen, die Plakate abzuhängen. Nun wurden sie durch das LG auch verboten.
Das Landgericht (LG) München I hat der rechtsextremen Partei "Der Dritte Weg" das Aufhängen von Wahlplakaten mit dem Slogan "Hängt die Grünen!" vorläufig verboten (Beschl. v. 17.09.2021, Az. 25 0 12449/21). Das Gericht habe der Partei mit Beschluss vom Freitag per einstweiliger Verfügung untersagt, den Slogan öffentlich zu verwenden, sagte eine Sprecherin am Montag.
Sollten Vertreter der rechtsextremen Partei Widerspruch einlegen, müsse öffentlich verhandelt werden. Die Bundesgeschäftsstelle der Grünen in Berlin sowei ein grünes Parteimitglied hatten beim Landgericht München I die Unterlassung beantragt.
Das Gericht folgte der Argumentation der Grünen: Die Formulierung, jemanden "zu hängen", werde in der Regel dahin verstanden, jemanden aufzuhängen, in sonstiger Weise zu töten oder körperlich zu verletzen, heißt es in dem Beschluss, der LTO vorliegt*. Mit der Äußerung werde das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerinnen, also der Grünen und ihrer Mitglieder, verletzt.
Nach Auffassung des Gerichts werde die Äußerung "Hängt die Grünen!" von einem "verständigen Leser" dahingehend verstanden, grüne Parteimitglieder "wenn nicht gleich tatsächlich zu hängen, so doch ihnen jedenfalls doch Schaden, auch am Leib und Körper, zuzufügen. Eine andere rechtliche Würdigung folge auch nicht aus dem kleingedruckten Text auf dem Plakat "Macht unsere nationalrevolutionäre bewegung durch Plakatwerbung in unseren Parteifarben in Stadt und Land bekannt!" Dieser nehme nur einen kleinen Anteil des Plakates ein, zentrale Botschaft für den "unvoreingenommenen Leser" bleibe die Aussage "Hängt die Grünen!".
Kleingedrucktes auf Plakat irrelevant
Die Interpretation, dass das Plakat vor diesem Hintergrund auch als Aufruf verstanden werden könnte, Wahlplakate des "Dritten Wegs" aufzuhängen, hält das Gericht für einigermaßen abwegig: "Auf Wahlplakaten finden sich in der Regel politische Forderungen oder Kritik am politischen Gegner, nicht dagegen eine Aufforderung an die Wählerinnen und Wähler, Wahlplakate politischer Parteien aufzuhängen." Letztere seien hierfür auch nicht verantwortlich. Und selbst wenn man dies anders sähe, so das Gericht, liege eine Mehrdeutigkeit vor. "Ein Anspruch auf Unterlassung zukünftiger Äußerungen besteht aber bereits dann, wenn eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten das Persönlichkeitsrecht verletzt."
Weiter gehen die drei Richterinnen, die den Beschluss des LG unterzeichet haben, davon aus, dass die Äußerung "Hängt die Grünen!" auch eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten im Sinne des § 111 Strafgesetzbuch darstellen dürfte. Dies, so die Richterinnen, bräuchte jedoch nicht abschließend entschieden werden, da es sich bei "Hängt die Grünen!" um Schmähkritik handele. "Eine Äußerung nimmt den Charakter einer Schmähung dann an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person des Gegners im Vordergrund steht und sie jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person des Gegners besteht." Dies sei hier der Fall: Die Äußerung weise keinerlei Sachbezug zur politischen Betätigung der Antragsteller oder der Antragsgegner auf.
Bayerische Polizei hängt Plakate bereits ab
Die Grünen reagierten erleichtert auf die Entscheidung aus München: "Wer Morddrohungen plakatiert, verhöhnt unsere Demokratie", kommentierte der Politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, den Gerichtsbeschluss. "Ein solcher Wahlkampfstil vergiftet die politische Kultur, führt zu Verrohung und schreckt Bürgerinnen und Bürger ab, sich politisch zu engagieren."
In Bayern hat die Polizei bereits Wahlplakate der rechtsextremen Partei "Der Dritte Weg" mit dem Slogan "Hängt die Grünen!" abgehängt. Die Polizeipräsidien seien angewiesen worden, solche Plakate aufgrund des Anfangsverdachts einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten abzunehmen, teilte das Innenministerium bereits vergangene Woche mit.
Andere Ansicht: Verwaltungsgericht Chemnitz
Die gleichen Plakate waren auch in Sachsen aufgetaucht, etwa in Plauen und Zwickau. Hier hatte allerdings das Verwaltungsgericht Chemnitz einer Anordnung der Stadt Zwickau widersprochen, wonach die Partei die Plakate entfernen sollte. Das Gericht hatte die Plakate mit der Auflage erlaubt, 100 Meter Abstand zur Wahlwerbung der Grünen einzuhalten.
Die Stadt Zwickau hat dagegen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen eingereicht, eine Entscheidung wird in diesen Tagen erwartet.
hs/ast sowie mit Material von dpa
*Ergänzung um 15.08 Uhr, 20.09.2021: Die Redaktion erhielt den vollständigen Beschluss des LG erst nach Veröffentlichung einer ersten Meldung, die im Wesentlichen auf Material der dpa basierte.
LG München I: . In: Legal Tribune Online, 20.09.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46059 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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