Wenn Unternehmen auf Google schlecht bewertet werden, kann das geschäftsschädigend sein. Der Internetkonzern muss ungerechtfertigte Negativbewertungen deshalb zügig löschen – auch wenn gerade eine Pandemie herrscht.
Fast jeder kennt sie oder hat sie schon einmal genutzt. Sei es, um herauszufinden, was ein Restaurant taugt oder ob man der Arztpraxis um die Ecke trauen kann: Google-Bewertungen bestimmen heute einen Teil des Geschäftslebens und sind deshalb für Unternehmen enorm wichtig. Allerdings können nicht nur wohlwollende Bewertungen mehr Kunden bringen, schlechte Bewertungen können womöglich auch das Geschäft ruinieren.
Aus diesem Grund wenden sich Unternehmen auch immer wieder an Google, um missliebige und womöglich böswillige Bewertungen löschen zu lassen. Dass der Internetkonzern dabei nicht immer so schnell handelt, wie die Betroffenen sich das wünschen, zeigt nun eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts (LG) Köln. Das Gericht erließ eine einstweilige Verfügung, weil Google dem Löschbegehren eines Unternehmens nicht nachgekommen war (Beschl. v. 18.08.2020, Az. 28 O 279/20).
Es handelte sich in diesem Fall um ein Unternehmen aus der Pharmabranche, welches sich über eine 1-Stern-Bewertung ohne Begleittext durch einen anonymen Nutzer beschwerte. Per Anwalt forderte man Google auf, die Bewertung zu löschen. Der Konzern teilte daraufhin in einer E-Mail, die LTO vorliegt, mit, dass die Beantwortung der Anfrage aufgrund der aktuellen Situation in der Corona-Pandemie etwas dauern könne: "Aufgrund unserer Vorsorgemaßnahmen als Reaktion auf die Ausbreitung von COVID-19 kann die Beantwortung Ihrer Anfrage länger dauern. Wir bitten etwaige Unannehmlichkeiten zu entschuldigen." Man werde sich aber "schnellstmöglich darum kümmern."
LG Köln: Zwei Wochen Untätigkeit sind inakzeptabel
Nachdem fast zwei Wochen ohne weitere Mitteilung verstrichen waren, forderte das Pharmaunternehmen Google nochmals zur Löschung der Bewertung und zu Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, worauf Google aber nicht reagierte. Sodann beantragte das Unternehmen beim LG Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung, um Google zu verpflichten, die Bewertung von der Seite zu nehmen. In dem nun ergangenen Beschluss, der LTO ebenfalls vorliegt, droht das Gericht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro an für den Fall, dass die Bewertung weiterhin öffentlich bleibt.
Seine Entscheidung begründet das LG damit, dass das Unternehmen glaubhaft gemacht habe, dass die Bewertung willkürlich und ohne realen Hintergrund vorgenommen worden sei. Google hätte entsprechend beweisen müssen, dass der Bewertung eine reale Erfahrung zugrunde lag. Da dies nicht geschehen war, überwog nach Ansicht des Gerichts das Interesse des Unternehmens am Schutz seiner sozialen Anerkennung. So hatte in der Vergangenheit u. a. auch das LG Lübeck auf den Antrag eines Arztes hin entschieden, der sich gegen eine Bewertung seiner Praxis wehrte. Damals hatte das Gericht eine sekundäre Beweislast für Google angenommen, weil der Konzern Kontakt zu dem Nutzer hätte aufnehmen können, um zu klären, ob es eine Tatsachengrundlage für die Bewertung gab.
In den Augen des LG Köln hätte Google in dem aktuellen Fall zudem schneller handeln müssen. Der pauschale Verweis, wegen der Pandemie-Situation könne die Bearbeitung länger dauern, tauge nicht, um eine längere Bearbeitungsfrist zu rechtfertigen, so das LG.
Wird Google aus Angst vor einer Verfügungswelle einlenken?
Für den Kölner Medienanwalt Dr. Jörn Claßen (Höcker Rechtsanwälte), der das Unternehmen in der Sache vertritt, gehören solche Verfahren aktuell zum Tagesgeschäft: "In zwei Wochen haben wir jetzt schon drei einstweilige Verfügungen gegen Google erwirkt. Die nächsten Verfügungsanträge sind in der Pipeline." Bisher, so der Jurist, sei es so, dass Google auf Beschwerden nur mit erheblicher Verzögerung reagiere. Stelle man einen Löschantrag, erhalte man oft "erst nach mehreren Wochen eine Antwort".
Eine Verzögerung, die sich viele Unternehmen nicht leisten könnten: "Google-Bewertungen haben heute immense Auswirkungen" sagt der Anwalt. Insbesondere dann, wenn – wie in diesem Fall – auch Investitionen in das Unternehmen davon abhängen könnten. Von den jüngsten Entscheidungen gegen Google erhofft sich Claßen nun eine Signalwirkung, die Google zum Umdenken bewegen könnte. Wenn bald auch öffentlicher Druck entstehe, so hofft er, werde Google sein Verfahren "zügig ändern müssen". Anderenfalls könne eine ganze Verfügungswelle auf den Konzern zurollen.
LG Köln erlässt einstweilige Verfügung: . In: Legal Tribune Online, 02.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42675 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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