Wer sich Influencer nennt, macht Werbung – auch wenn es sich scheinbar um private Empfehlungen handelt, findet das OLG Braunschweig. Ähnlich sieht das auch das LG Koblenz. Beide Gerichte erkannten in Instagram-Posts versteckte Werbung.
Welche Postings müssen Influencer als Werbung kennzeichnen und welche nicht? Diese Frage ist juristisch hochspannend, in der Influencer-Branche herrscht deswegen große Unsicherheit.
Das Hauptproblem: Influencer vermarkten in aller Regel sich selbst, deshalb lassen sich kommerzielle und private Interessen oft schwer voneinander abgrenzen. Wer auf bestimmte Produkte oder Marken hinweist, ohne dafür eine direkte Gegenleistung zu erhalten, will vielleicht eine entsprechende Partnerschaft anbahnen, sich vernetzen oder die eigene Sichtbarkeit erhöhen. Besonders umstritten ist dabei vor allem das Setzen von Tags und Links, die etwa auf Produkte, Marken, Läden oder Restaurants hinweisen. Genau darum ging es auch in zwei aktuellen Entscheidungen, die das Landgericht (LG) Koblenz und das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig am Freitag veröffentlichten.
Vor dem 2. Zivilsenat des Braunschweiger OLG ging es dabei um eine Influencerin, die auf Instagram regelmäßig Bilder und kurze Videos zu Sportübungen sowie Fitness- und Ernährungstipps postet. Klickt man ihre dort veröffentlichten Bilder an, werden den Nutzern die Modehersteller angezeigt, deren Kleidung sie auf dem Bild trägt. Ein weiterer Klick leitet die Nutzer dann auf den Instagram-Auftritt der Unternehmen.
OLG: Schon Beiträge zum Anbahnen von Geschäftsbeziehungen kritisch
Das OLG hielt das für unzulässige Werbung (Urt. v. 13.05.2020, Az. 2 U 78/19). Die Influencerin betreibe ihren Instagram-Account nicht privat, sondern auch zugunsten der Imagepflege und zum Aufbau ihrer eigenen Marke und ihres Unternehmens, so das Gericht. Dass sie für bestimmte Werbung keine Gegenleistungen erhalten habe, sei dabei nicht allein entscheidend. Die Erwartung, das Interesse von Drittunternehmen an einem Influencer-Marketing zu wecken und auf diese Weise Umsätze zu generieren, reicht nach Auffassung der Braunschweiger Richter aus, um nicht als solche gekennzeichnete Werbung als unzulässig einzustufen.
Auch dass die Instagram-Beiträge keinen redaktionellen Anlass für die Bilder und die Herstellernennung böten, spreche für ein kommerzielles Handeln. Für Verbraucher ergebe sich dabei auch nicht deutlich genug aus dem Kontext heraus, dass es sich bei den Postings um Werbung handele. Es liege, so der 2. Zivilsenat, gerade in der Natur eines Influencer-Posts, dass eine scheinbar private und objektive Empfehlung abgegeben werde, der die Follower eine höhere Bedeutung beimessen würden als einer gekennzeichneten Werbung.
Das LG Koblenz sah dies in einem anderen, aber sehr gleichgelagerten Fall ähnlich. Dort hatte eine Influencerin Fotos und Videos ihres Besuchs bei einem Friseursalon hochgeladen und diesen auch verlinkt und empfohlen. Als Werbung kennzeichnete sie die entsprechenden Beiträge aber nicht.
LG: Influencer-Tätigkeit generell Werbung
Nach Aufforderung eines Wettbewerbverbandes hatte die Influencerin bereits 2017 eine Unterlassungserklärung abgegeben, es bei Meidung einer Vertragsstrafe zu unterlassen, kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck zu verdeutlichen. In der Folgezeit tauchten aber weitere Beiträge auf, der Verband forderte für einen dreifachen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe von 15.300 Euro.
Das LG verurteilte die Frau zur Unterlassung ungekennzeichneter Werbung und zur Zahlung des Betrags (Urt. v. 08.04.2020, Az. 1 HK O 45/17). Die Fotos seien nicht mehr bloß privater Natur, befand das LG. So sah es als erwiesen an, dass die Frau mit den besagten Postings ganz gezielt die Entscheidungen der Verbraucher beeinflusse, um den Absatz des Friseursalons zumindest mittelbar zu fördern. Eine von der Inhaberin des Salons unterzeichnete Erklärung, keine geschäftlichen Beziehungen mit der Influencerin zu haben und dass diese auch bezahlt habe, wertete das Gericht als inhaltlich falsch.
Nach Auffassung des Koblenzer Gerichts sind die Beiträge geeignet, Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie bei einem entsprechenden Hinweis auf den kommerziellen Zweck eventuell nicht getroffen hätten. Die Tätigkeit von Influencern sei "generell Werbung", so das Gericht. Die beklagte Influencerin sei dazu Unternehmerin, die mit unterschiedlichen Partnern kooperiere und sich darüber hinaus auch selbst vermarkte.
Das Bundesjustizministerium hatte im Februar eine Änderung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) vorgeschlagen. So soll eine Regelung eingeführt werden, die klarstellt, dass ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung in der Regel nicht anzunehmen ist, "wenn diese vorrangig der Information und Meinungsbildung dient und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde." Unklar ist noch, ob die Regelung so ihren Weg in einen Gesetzentwurf finden wird - und wenn ja, wann überhaupt.
acr/LTO-Redaktion
Gerichte zu unzulässigen Instagram-Posts: . In: Legal Tribune Online, 29.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41762 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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