Am LG Kiel ist am Freitag ein Prozess gegen eine Kieler Staatsanwältin zu Ende gegangen. Sie soll beschlagnahmte Tiere notveräußert und damit das Recht gebeugt haben. Das Gericht sprach die Frau nun von den Vorwürfen frei.
Sechs Jahre nach Beginn der Ermittlungen ist eine Kieler Staatsanwältin vom Vorwurf der Rechtsbeugung freigesprochen worden. Das Kieler Landgericht (LG) hielt die ehemalige Tierschutzdezernentin am Freitag nach mehr als 40 Verhandlungstagen und der Anhörung von über 70 Zeugen in keinem der angeklagten zehn Fälle für schuldig. Die Angeklagte muss zudem für die Durchsuchung ihrer Wohnung entschädigt werden. Die Kosten des Verfahrens trage die Landeskasse, sagte der Vorsitzende Richter Stephan Worpenberg (Az.7 KLs 6/17 - 315 Js 18711/14).
Die Kammer konnte sich demnach keine ausreichende Sicherheit verschaffen, dass die Staatsanwältin bewusst das Recht gebeugt habe. Vielmehr sei sie womöglich arglos in ihrem Handeln gewesen. Das Gericht folgte damit dem Antrag des Strafverteidigers der 45-Jährigen. Die promovierte Juristin hatte zu Prozessbeginn zwar Fehler eingeräumt, den Vorwurf der Rechtsbeugung aber bestritten.
Die Staatsanwaltschaft Itzehoe, die auf Anordnung des Generalstaatsanwalts die Ermittlungen führte, hielt dagegen fünf Fälle von Rechtsbeugung für erwiesen. Sie forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Der Anklage zufolge soll die Juristin bei Tierschutzermittlungen reihenweise Rinder, Pferde, Schafe, Hunde und Hühner beschlagnahmt und zum Teil zu Ramschpreisen notveräußert haben, ohne den Besitzern das Recht auf Widerspruch vor Gericht einzuräumen.
Mittlerweile sei ihr klar, dass sie den Notverkäufen beschlagnahmter Tiere nicht die notwendige Sorgfalt gewidmet habe, sagt die Juristin beim Prozessbeginn im Oktober 2019. Damals führte sie auch Eiligkeit und Arbeitsbelastung an. In ihrem Arbeitszimmer hätten sich Aktenberge an den Wänden, auf und selbst unter dem Schreibtisch getürmt. Kollegen hätten ihr wiederholt Fälle abgenommen. Sie habe sich übernommen und zu wenig delegiert. Sie habe in einigen Bereichen die Kontrolle verloren.
Der Fall der Staatsanwältin löste heftige Proteste von betroffenen Tierhaltern aus. Ihre Aktionen beschäftigten auch Landtagsabgeordnete und das Justizministerium. Im Prozess erhob sie auch Vorwürfe gegen ihre Vorgesetzten: Diese hätten sie schließlich, trotz Beschwerden von Tierhaltern, lange gewähren lassen.
Das Urteil ist noch nicht rechtkräftig.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Vorwurf der Rechtsbeugung: . In: Legal Tribune Online, 14.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42502 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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