Wie viel Konfekt steckt in einem Karton mit Raffaellos? Damit Verbraucher dies richtig einschätzen können, muss Ferrero die Stückzahl angeben. Die Nennung der Gesamtmengenangabe reiche nicht aus, entschied das LG Frankfurt.
Hersteller müssen bei vorverpackten Lebensmitteln, die aus mehreren nicht zum Einzelkauf bestimmten gleichartigen Packungen bestehen, die Gesamtzahl der enthaltenen Einzelverpackungen angeben. Das geht aus einem am Mittwoch bekannt gewordenen Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt hervor (Urt. v. 11.10.2017, Az. 2-06 O 245/17).
Ein hessischer Verbraucher ärgerte sich, dass er auf dem Karton mit Raffaellos nur das Gesamtgewicht von 230 Gramm finden konnte. Wie viele Konfektkugeln in der Verpackung stecken und wie viel eine Kugel wiegt, war nicht angegeben.
Die Argumentation des Süßwarenherstellers Ferrero, dass es zu minimalen Schwankungen beim Gewicht der Raffaellos komme – beispielsweise durch mehr oder weniger Kokosraspel pro Kugel – und die Angabe daher nicht möglich sei, überzeugte die Verbraucherzentrale Hessen, welche die Interessenvertretung übernommen hatte, nicht. Sie mahnte Ferrero ab.
Einzelverpackungen oder Trennhilfen?
Weil Ferrero sich weigerte, die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben, trafen sich die Parteien vor Gericht. Entscheidungsgrundlage dabei war der Anhang IX Nr. 3, 4 der EU-Lebensmittelinformationsverordnung. Danach sind Hersteller verpflichtet, neben der Nettofüllmenge auch die Stückzahl offenzulegen, wenn sie mehrere einzeln verpackte Pralinen, Schokoriegel oder Eisportionen in einer Verpackung anbieten.
Die Frankfurter Richter hatten also zu klären, ob die Umhüllung der Raffaellos als Einzelverpackungen oder als bloße Trennhilfen – vergleichbar etwa mit dem Einwickelpapier von Bonbons – anzusehen sind. So argumentierte nämlich Ferrero.
Das LG folgte dem nicht, sondern sprach den Verbraucherschützern den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 3 Nr. 3, 3a des Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu.
Verpackungen signalisieren Unversehrtheit
Nach Ansicht der Kammer kann nicht mehr von einer Trennhilfe gesprochen werden, wenn die Verpackung in zerstörerischer Weise geöffnet werden müsse. Einer Verpackung komme nämlich eine Schutzfunktion in dem Sinne zu, dass dem Verbraucher durch ihre Unversehrtheit signalisiert werde, dass das Lebensmittel nicht schon von Dritten geöffnet worden sei, argumentierten die Richter.
Dies sei bei den Umhüllungen von Bonbons und Pralinen anders. Diese Einwicklungen könnten leicht gelöst werden, heißt es in dem Urteil. Bei solchen mit Trennhilfen umhüllten Produkten müsse die Unversehrtheit durch die Umverpackung gewährleistet werden. Die Raffaelos dagegen seien eingeschweißt und könnten nur entnommen werden, wenn die Umhüllung aufgerissen oder aufgeschnitten, also zerstört werde, so das LG.
Bei der Verbraucherzentrale Hessen zeigte man sich über das Urteil erfreut. "Verbraucher müssen die Anzahl entweder sehen können oder sie muss auf der Verpackung stehen. Nur so können sie unserer Ansicht nach die Menge richtig einschätzen", sagte die Referentin für Marktbeobachtung, Wiebke Franz, am Mittwoch.
mgö/LTO-Redaktion
LG Frankfurt verurteilt Ferrero: . In: Legal Tribune Online, 02.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25335 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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