Der geistig Behinderte Ulvi K. ist im neuen Mordprozess um die seit 13 Jahren verschwundene Peggy freigesprochen worden. Das LG Bayreuth hob am Mittwoch die frühere Verurteilung des 36-Jährigen wegen Mordes an dem Mädchen auf.
"Er ist aus tatsächlichen Gründen freizusprechen; ein Tatnachweis ist nicht möglich", sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht (LG) Bayreuth Michael Eckstein bei der Urteilsverkündung. "Natürlich wäre es sehr schön gewesen, wenn wir neue Erkenntnisse erhalten hätten." Das Gericht folgte mit seinem Urteil den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung.
Peggy wird seit dem 7. Mai 2001 vermisst. Zwei Jahre später wurde Ulvi K. zu lebenslanger Haft verurteilt. Das LG Hof sah es damals als erwiesen an, dass der Sohn eines Gastwirts die neun Jahre alte Schülerin im oberfränkischen Lichtenberg tötete, um einen sexuellen Missbrauch zu vertuschen. Eine Leiche wurde allerdings nie gefunden.
Geständnis offenbar erfunden
Im Dezember 2013 ordnete das LG Bayreuth die Wiederaufnahme des Verfahrens an. Denn ein Belastungszeuge hatte eingeräumt, falsch ausgesagt zu haben. Beim damaligen Prozess war außerdem nicht bekannt, dass die vermutete Tatversion der Ermittler dem Geständnis von Ulvi K. ähnlich war. Der Verdacht lag nahe, dass der Angeklagte nur eine ihm vorgegebene Version wiedergegeben hatte. Er widerrief später seine Angaben.
"Das Geständnis mit Divergenzen und Ungereimtheiten kann keine Grundlage für eine Verurteilung sein", sagte Richter Eckstein. "Hinzu kommt noch, dass dieses Geständnis mit keinem einzigen Sachbeweis zu belegen ist." Ulvi K. habe sein Geständnis in unterschiedlichen Versionen mit zum Teil lebensfremden Schilderungen abgegeben: Dass Peggy auch nach ihrem angeblichen Sturz mit dem Schulranzen weitergelaufen sein soll, "ist für uns schwer nachvollziehbar".
Der Angeklagte habe möglicherweise Parallel-Erlebnisse in seine Geständnisse eingebaut, sagte Eckstein. Bei seiner psychiatrischen Untersuchung sei seine hohe Fantasiebegabung aufgefallen. "Er war imstande, detailreiche Geschichten zu vorgelegten Bildern zu entwickeln. Und dies sogar an Folgetagen zu wiederholen", sagte Eckstein.
Ermittlungen gehen weiter
Seit Sommer 2012 wird in dem Fall neu ermittelt. Eine Spur brachte die Polizei auf einen Mann aus Halle in Sachsen-Anhalt. Der ehemalige Bekannte von Peggys Familie sitzt derzeit wegen sexuellen Missbrauchs seiner Tochter in Haft. Er habe eingeräumt, sich auch an seiner Nichte mehrmals vergangen zu haben, gab ein Polizeibeamter an. Auffällig daran ist, dass die Nichte im gleichen Haus wie Peggy wohnte und der Missbrauch wenige Wochen vor Peggys Verschwinden stattfand. In der Haftzelle des Mannes fanden Polizisten ein Foto von Peggy.
Zum Kreis der Tatverdächtigen zählen außerdem der Halbbruder des Mannes und ein Lichtenberger, der bereits wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt wurde.
dpa/mbr/LTO-Redaktion
LG Bayreuth urteilt im Fall "Peggy": . In: Legal Tribune Online, 14.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11969 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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