Ein Feuerwehrmann betätigt in der Nähe eines Kollegen das Signalhorn des Feuerwehrautos. Das ist so laut, dass der Kollege einen Hörschaden davonträgt und 18 Monate arbeitsunfähig ist. Schmerzensgeld bekommt er aber nicht, so das LAG Nürnberg.
Ein Feuerwehrmann, der beim Einparken seines Feuerwehrautos einen auf einem Bürgersteig stehenden Kollegen anhupte, sodass dieser einen Hörschaden erlitt, muss dem Kollegen kein Schmerzensgeld zahlen. Dies entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem am Donnerstag veröffentlichten Berufungsurteil (Urt. v. 20.12.2022, Az. 7 Sa 243/22).
Der beklagte Feuerwehrmann wollte das Feuerwehrfahrzeug zurück auf das Gelände der Feuerwache bringen. In dem engen Hofeinfahrtsbereich stand der Kläger, ebenfalls Feuerwehrmann, mit dem Rücken zum sich nähernden Feuerwehrauto auf einem Bürgersteig. Bemerkt hatte er das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Dies änderte sich wohl, als der Fahrzeugführer aus ca. vier Metern Entfernung das Signalhorn betätigte. Das war so laut, dass bei dem auf dem Bürgersteig stehenden Feuerwehrmann ein Hörschaden und ein beidseitiger Tinnitus auftrat. Nach dem Vorfall war der Mann über 18 Monate lang arbeitsunfähig erkrankt. Der Vorfall wurde als Arbeitsunfall und dem Kläger wurde später ein Grad der Behinderung von 30 anerkannt.
Daneben verlangte der geschädigte Feuerwehrmann von seinem Kollegen ein Schmerzensgeld in Höhe von 16.800 Euro. Das Arbeitsgericht Nürnberg wies die darauf gerichtete Klage in erster Instanz aber ab. Mit dem Betätigen des Signalhorns zur Warnung der umstehenden Personen habe eine betriebliche Tätigkeit vorgelegen. Der Beklagte habe auch weder das Unfallereignis noch den Personenschaden des Klägers vorsätzlich herbeigeführt, hieß es zur Begründung.
"Doppelter Vorsatz" liegt nicht vor
Das LAG bestätigte dies und wies die Berufung gegen das Urteil zurück. Zugunsten des hupenden Feuerwehrmannes greife der Haftungsausschluss nach § 105 Sozialgesetzbuch (SGB) VII. Danach sind Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, nur dann zum Ersatz von Personenschäden verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem versicherten Weg herbeigeführt haben.
Das LAG ist der Auffassung, dass die Betätigung des Signalhorns betrieblich veranlasst war. Das Betätigen des Signalhorns stehe in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der zu erledigenden Arbeit, das Fahrzeug an den vorgesehenen Abstellplatz zu verbringen. Das Hupen sei im Ergebnis auf die Erledigung betrieblicher Interessen gerichtet. Dazu zählt laut LAG auch die akustische Warnung anderer Mitarbeiter vor einer gefahrenträchtigen Situation beim Rangieren mit einem schweren Fahrzeug.
Für die Annahme einer vorsätzlichen Herbeiführung eines Versicherungsfalls im Sinne des § 105 SGB VII sei außerdem ein "doppelter Vorsatz" erforderlich. Dieser müsse nicht nur die Verletzungshandlung, sondern auch den Verletzungserfolg umfassen. Der Feuerwehrmann, der das Signalhorn betätigte, habe den Verletzungserfolg aber nicht gebilligt, befand das LAG. "Es ging ihm nach den Umständen nicht darum, den Kläger und eventuell andere in der Nähe befindliche Personen zu verletzen", hieß es.
acr/LTO-Redaktion
Von Feuerwehrauto aus nächster Nähe angehupt: . In: Legal Tribune Online, 23.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51391 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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