Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann wollte das Klimaschutzgesetz stoppen, so wie im letzten Jahr das Heizungsgesetz. Doch diesmal hatte er keinen Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Begründung des Gerichts gerät überaus spärlich.
Im letzten Sommer war er für viele der Held der Opposition. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann hatte im vergangenen Sommer die Verabschiedung des Heizungsgesetzes (Gebäudeenergiegesetz) gestoppt. Vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte er erfolgreich den engen Zeitplan bei der Verabschiedung des Gesetzes bemängelt. Das Gesetz wurde dann erst nach der Sommerpause im September vom Bundestag verabschiedet.
Mit ähnlicher Argumentation wollte Heilmann auch das Klimaschutzgesetz aufhalten. Sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war darauf gerichtet, dem Deutschen Bundestag die für Freitag anberaumte zweite und dritte Lesung sowie Abstimmung über das Klimaschutzänderungsgesetz zu untersagen. Heilmann schlossen sich drei weitere Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sowie ein Mitglied der Gruppe DIE LINKE an.
Schlanker begründen geht nicht
Doch diesmal blieb das gerichtliche Vorgehen erfolglos. Der Zweite Senat des BVerfG lehnte den Antrag ab (Beschl. v. 25.4.2024, Az. 2 BvE 3/24). Zur Begründung teilte der Senat allein mit, dass der Antrag "in der Hauptsache derzeit von vornherein unzulässig ist". Doch warum genau? Wo liegt der rechtliche Unterschied zum erfolgreichen Antrag gegen das Heizungsgesetz aus dem letzten Jahr? Wann könnte der Antrag zulässig werden ("derzeit")? Zu all diesen die Öffentlichkeit, Antragsteller und -gegner interessierenden Fragen, schweigt sich das Gericht aus. Die Feststellung der Unzulässigkeit ist für das Gericht Begründung genug.
Eine nähere Erklärung wird es auch in Zukunft nicht geben. Anders als etwa beim abgelehnten Antrag gegen die Neuwahl des Berliner Landtags, kündigte der Senat keine nachfolgende Begründung nach § 32 Absatz 5 Satz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) an. Rechtlich ist er dazu auch nicht verpflichtet, da die Entscheidung zwar spärlich begründet, aber eben nicht völlig begründungslos ist. Nur in diesem Fall greift die Pflicht zur nachfolgenden Begründung, die dann aber ähnlich inhaltsarm ausfallen kann, wie die hier erfolgte. Das Verfassungsprozessrecht lässt dem BVerfG allgemein sehr großen Spielraum. Viele Entscheidungen müssen sogar gar nicht begründet werden, was immer wieder auf Kritik stößt.
Zu wenig Zeit und keine Synopse
Heilmann begründet seinen Antrag mit dem aus seiner Sicht zu schnellen Gesetzgebungsverfahren und zudem mit einer befürchteten Schwächung des Klimaschutzes. In der Hauptsache hat Heilmann ein Organstreitverfahren angestoßen; das BVerfG soll "feststellen, dass die Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens" ihn in seinen Abgeordnetenrechten verletzt.
Heilmann hatte seinen Antrag vor allem mit der kurzen Zeitspanne zwischen der Ankündigung bestimmter Änderungen im Klimaschutzgesetz und der zweiten und dritten Lesung begründet. Die Änderungsankündigung sei am 19. April erfolgt, die finale Abstimmung ist bereits für Freitag, also sieben Tage später, terminiert. Bei dem am 19. April vorgelegten Papier habe es sich zudem nur um einen Neuentwurf "unter Vorbehalt" gehalten; ein offizieller Änderungsantrag zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Ampel solle erst am Mittwochabend vorgestellt werden, womit nur noch ein Tag zwischen Veröffentlichung und Abstimmung liege.
Heilmann kritisiert in diesem Zusammenhang auch, dass das Kabinett dem Bundestag keine Synopse, also eine Gegenüberstellung von ursprünglichem und geändertem Gesetzentwurf, vorgelegt habe. Die Abgeordneten müssten daher innerhalb einer Woche selbst den Regierungsentwurf anhand der Änderungsanträge anpassen. Zudem habe die Bundestagsmehrheit trotz eines entsprechenden Antrags auf eine zweite Anhörung verzichtet. Dies stellt laut Heilmann einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Bundestags dar.
Die geplante Reform
Die Reform des Klimaschutzgesetzes sieht grundlegende Änderungen vor. Bisher gilt: Wenn einzelne Sektoren wie der Verkehrs- oder Gebäudebereich gesetzliche Vorgaben zum CO2-Ausstoß verfehlen, müssen die zuständigen Ministerien im nachfolgenden Jahr Sofortprogramme vorlegen. Mit der Reform soll die Einhaltung der Klimaziele nun nicht mehr rückwirkend nach Sektoren kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Wenn sich in zwei aufeinander folgenden Jahren abzeichnet, dass die Bundesregierung bei ihrem Klimaziel für das Jahr 2030 nicht auf Kurs ist, muss sie nachsteuern.
Bis 2030 muss Deutschland laut Gesetz seinen Treibhausgas-Ausstoß um mindestens 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 senken. Bis 2040 sollen die Treibhausgase um 88 Prozent sinken und bis 2045 soll Treibhausgasneutralität erreicht werden – dann dürften also nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden als auch wieder gebunden werden können.
Aus Heilmanns Sicht sind weitreichende Änderungen geplant, weshalb die Abgeordneten Zeit zur Prüfung bräuchten. Umweltverbände hatten die Reform als Verwässerung der geltenden Regeln kritisiert. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bemängelt, dass nach der Reform erst ab 2030 zusätzliche Klimaschutzanstrengungen für das Erreichen der Klimaziele späterer Jahre vorgeschrieben seien – was Klimaschutz de facto in die Zukunft verschiebe. Daten für den Zeitraum 2031 bis 2040 sollten zudem erst ab 2029 veröffentlicht werden – also reichlich spät zum Nachsteuern. Außerdem würden einzelne Ministerien deutlich weniger stark für die Erreichung der Ziele in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich in die Pflicht genommen. Stattdessen soll künftig stärker der deutsche Gesamtausstoß an CO2 zählen und die Bundesregierung als Ganzes dafür gerade stehen.
Diesmal stand keine Sommerpause bevor
Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, hatte die Bedenken der Unionsfraktion zuvor zurückgewiesen. "Also, wir beschleunigen da nichts, sondern es ist ein ganz normales Verfahren, und deswegen haben wir damit kein Problem, das auch so zu machen", sagte sie noch vor Heilmanns Antrag in Karlsruhe zur Kritik aus der Opposition. Die jüngsten Änderungen am Gesetzentwurf lägen den Abgeordneten schon seit Tagen vor. "Es hatten alle die Gelegenheit, sich damit auseinanderzusetzen, und deswegen sehen wir nicht, warum das Gesetzgebungsverfahren nicht wie geplant durchgeführt werden kann."
dpa/fz/LTO-Redaktion
CDU-Politiker Thomas Heilmann mit Eilantrag erfolglos: . In: Legal Tribune Online, 25.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54425 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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