Das BVerfG will sich mit einer neuen Missbrauchsgebühr gegen die Flut offensichtlich aussichtsloser Klagen wehren. Zukünftig sollen Rechtspfleger vorab darüber entscheiden dürfen, ob ein Verfahren missbräuchlich angestrengt worden ist. Das Bundesjustizministerium reagiert zurückhaltend auf den Vorschlag.
"Wir sind mit mehr als 6000 Verfahren im Jahr an eine Grenze gelangt, wo wir überlegen müssen, wie wir die Kapazitäten sinnvoll nutzen", sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) Andreas Voßkuhle am Dienstagabend in Karlsruhe.
Nach den Vorstellungen Voßkuhles soll zunächst ein Rechtspfleger die eingehenden Verfassungsbeschwerden sichten. In offensichtlich aussichtslosen Fällen soll die weitere Prüfung durch einen Richter von der Zahlung der "vorgezogenen Missbrauchsgebühr" abhängig gemacht
werden. Dies könnte nach Schätzung Voßkuhles bis zu 1200 Verfahren im
Jahr betreffen.
Bislang kann das Gericht erst nach Prüfung durch die Richter eine Gebühr von bis zu 2600 Euro verhängen, wenn die Einlegung der Beschwerde einen Missbrauch darstellt. Das Gericht geht mit dieser Möglichkeit jedoch wegen des Verwaltungsaufwandes sehr sparsam um: Im vergangenen Jahr wurden in 35 Fällen Missbrauchsgebühren zwischen 100 und 2200 Euro verhängt.
Die Verfassungsbeschwerde steht jedem offen, das Verfahren kostet grundsätzlich keine Gebühren und es besteht auch keine Pflicht, sich
von einem Anwalt vertreten zu lassen. Voßkuhle betonte, dieser Charakter des Gerichts als "Bürgergericht" solle auch künftig erhalten bleiben. 2010 gingen beim höchsten deutschen Gericht 6251 Verfassungsbeschwerden ein.
Das Bundesjustizministerium reagierte zurückhaltend auf den Vorschlag. "Dieser Vorstoß wird erst einmal bewertet und in Ruhe geprüft", sagte eine Sprecherin .
dpa/mbr/LTO-Redaktion
Justiz: . In: Legal Tribune Online, 23.02.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2609 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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