Viele Medienhäuser sind auf Erlöse aus Anzeigenverkäufen angewiesen. Aber dürfen Kommunen ihnen mit kostenlosen Stellenanzeigen Konkurrenz machen? Der BGH sagt: Nein, das verstößt gegen das Gebot der Staatsferne der Presse.
Die kostenlose Veröffentlichung von Stellenanzeigen in dem Online-Portal eines Landkreises verstößt gegen das Gebot der Staatsferne der Presse und ist wettbewerbswidrig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden (Urt. v. 26.09.2024, Az. I ZR 142/23). Ein entsprechendes Angebot des niedersächsischen Landkreises Grafschaft Bentheim sei als geschäftliche Handlung der öffentlichen Hand einzuordnen - und daher wettbewerbswidrig. Das höchste deutsche Zivilgericht bestätigte damit ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg.
Der beklagte Landkreis hatte auf einer eigenen Internetseite für den Landkreis als Wohn- und Arbeitsort geworben und dort kostenlos Stellenanzeigen privater Unternehmen und öffentlich-rechtlicher Institutionen veröffentlicht. Dagegen klagte der Verlag der Grafschafter Nachrichten (GN), der online selbst kostenpflichtig Stellenangebote betreibt.
Nach Ansicht des GN-Geschäftsführers Jochen Anderweit überschreitet eine Kommune mit dem kostenlosen Anzeigenangebot nicht nur ihre Kompetenzen, sondern greife "direkt die Pressefreiheit an". Die GN bräuchten Erlöse aus dem Werbemarkt, um ihre Tageszeitung in gewohnter Form anbieten zu können. "Wenn uns hier mit öffentlichen Geldern Konkurrenz gemacht wird, können wir das nicht akzeptieren", wird Anderweit in einer Mitteilung des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) zitiert.
Der Verlag hatte daher auf Unterlassung geklagt. Er sah unter anderem das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) abgeleitete Gebot der Staatsferne der Presse verletzt. Nach diesem Grundsatz darf sich der Staat nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse betätigen. Nachdem das Landgericht (LG) Osnabrück die Klage der GN zunächst abgewiesen hatte, bekam der Verlag schließlich am OLG recht. Der Landkreis legte gegen das Urteil beim BGH Revision ein - die nun aber ohne Erfolg blieb.
Auch Anzeigenteil von Pressefreiheit umfasst
Die Veröffentlichung von Stellenanzeigen auf dem Online-Portal stellt laut BGH eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar – und zwar unabhängig davon, dass sie unentgeltlich stattfindet. Anders als private Unternehmen könne sich die öffentliche Hand der lauterkeitsrechtlichen Überprüfung ihres Verhaltens nicht dadurch entziehen, dass sie etwas unentgeltlich anbietet. Schließlich ist sie auch nicht auf die Erzielung von Gewinnen angewiesen, so der BGH.
Das OLG habe zudem zutreffend festgestellt, dass das Angebot kostenloser Stellenanzeigen gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstößt. Das OLG habe dabei zutreffend allein auf das beanstandete Angebot kostenfreier Stellenanzeigen abgestellt. Auch dieses Angebot sei als wirtschaftlicher Aspekt von der Pressefreiheit umfasst und nicht nur der redaktionelle Teil, wie in anderen Streitfällen. So hat der BGH bereits zu “dortmund.de” entschieden, dass dort der Gesamtcharakter des Internetauftritts nicht die freie Presse gefährde.
Keinen Rechtsfehler weise auch die Würdigung des OLG auf, der Betrieb der Jobbörse sei geeignet, der Klägerin oder sonstigen Medien im Landkreis in erheblichem Umfang Kunden für Stellenanzeigen und damit auch die wirtschaftliche Grundlage für die Herausgabe von Presseerzeugnissen zu entziehen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
dpa/xp/pdi/LTO-Redaktion
BGH zum Gebot der Staatsferne der Presse: . In: Legal Tribune Online, 24.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55707 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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