Die FDP-Bundestagsfraktion hat am Dienstag ein "Eckpunkte zur Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung im Internet" mit dem Untertitel "Freiheit und Sicherheit bewahren" beschlossen. Kernpunkt des Papiers sind neben der Forderung nach "Löschen statt Sperren" von kriminellen Inhalten die Befürwortung des sogenannten "Quick-Freeze-Verfahrens" und die Ablehnung der "Quellen-Telekommunikationsüberwachung".
Als "allgemeine Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung"will die FDP-Bundestagsfraktion ausweislich des der LTO vorliegenden Eckpunktepapiers neben eher allgemein gehaltenen Forderungen wie der Aufstockung von Ermittlungskapazitäten, der Bündelung von IT-Kompetenzen in der Justiz und der Stärkung internationaler Zusammenarbeit zur Koordination der Strafverfolgung vor allem den Staat selbst in die Pflicht nehmen.
So lehnt die Fraktion es zum Beispiel ab, dass Ermittlungsbehörden mit Suchmaschinenbetreibern Ermittlungsvereinbarungen abschließen oder dass Ermittlungsbehörden private Suchmaschinenbetreiber zu Ermittlungen verpflichten können. Stattdessen sollen zukünftig die Ermittlungsbehörden selbst mit "spezialisierter Suchtechnologie"ausgestattet werden.
Um die ermittelten Inhalte auch konkreten Personen zuordnen zu können, favorisieren die Liberalen das "Quick-Freeze-Verfahren"und bezeichnen es als "verfassungskonforme Alternative zur Vorratsdatenspeicherung".
Quick-Freeze statt Vorratsdatenspeicherung
In Fällen, in denen die Polizei und die Staatsanwaltschaft Ermittlungen im Internet führen, sollen demnach Provider auf Basis einer neuen gesetzlichen Grundlage verpflichtet werden können, für einen speziellen Zeitraum "bestimmte und nach klaren Kriterien eng begrenzte Telekommunikationsverbindungsdaten mit Personenbezug unversehrt und kurzfristig zu puffern".
Dies soll zu einer praxisgerechten und effektiven Ermittlung von Personen beitragen, die sich hinter (dynamischen) IP-Adressen verbergen.
Den Anwendungsbereich des "Quick-Freeze"will die FDP mit einem "einschlägigen abschließenden Straftatenkatalog" in der StPO umreißen. Die Anordnung des "Quick-Freeze" soll dabei durch die Staatsanwaltschaft für zunächst bis zu drei Monate und in dringenden Fällen durch die Polizei für bis zu höchstens drei Tagen erfolgen können. Der Zugriff auf die so eingefrorenen Informationen und deren Nutzung sei unter Richtervorbehalt zu stellen.
Löschen statt Sperren
Weiterhin halten die Liberalen an ihrem Standpunkt "Löschen statt Sperren" im Zusammenhang mit Kinderpornographie im Internet fest. So schlagen sie eine internationale, für alle Staaten verbindliche Vereinbarung vor, die neben einer genauen Definition von "Kinderpornographie" auch die Herstellung, Zugänglichmachung und Verbreitung von kinderpornographischen Inhalten unter Strafe stellt. Dies sei vor dem Hintergrund notwendig, dass es zwar einen allgemeinen internationalen Konsens bezüglich der Strafbarkeit von Kinderpornographie gebe, teilweise aber große Unterschiede zum Beispiel bei den Altersgrenzen der dargestellten Personen bestünden.
Ferner solle jeder Staat den Polizeibehörden aller Vertragsländer ausdrücklich erlauben, "formlose Hinweise an seine inländischen Hosting-Anbieter zu verschicken, wenn auf deren Servern kinderpornographische Inhalte zu finden sind". Zugleich sollen die Ordnungshüter verpflichtet werden, das inkriminierte Material auch tatsächlich unverzüglich an die Provider zu melden.
Die Anbieter selbst seien anzuhalten, den Hinweisen rasch nachzugehen, vorhandene Beweise zu sichern, Kinderpornos zu löschen und die nationale Zentralstelle zur Koordination der Strafverfolgung in diesem Bereich über die Entfernung der Inhalte zu informieren. Zudem sollen Erkenntnisse aus dem Vorgehen gegen Identitätsdiebstähle oder "Phishing-Angriffe" herangezogen werden, um auch die Geschwindigkeit bei der Abschaltung von Angeboten mit Darstellungen von Kindesmissbrauch auf ausländischen Servern zu erhöhen.
Im Zusammenhang mit dem "Phishing"verweist die FDP auf den § 202c StGB, mit dem der Gesetzgeber im Jahre 2007 auch das Vorbereiten des Ausspähens von Daten unter Strafe stellte. Hier sei zu prüfen, ob nicht auch schon der Versuch unter Strafe gestellt werden sollte.
Keine Quellen-TKÜ
Weiter lehnt die FDP-Bundestagsfraktion in dem Eckpunktepapier die sogenannte Quellen-Telekommunikationsanalyse (Quelle-TKÜ) ausdrücklich ab. Bei dieser - dem "Bundes-Trojaner" nicht unähnlichen - Maßnahme dringen Behörden in einen Computer ein und infizieren ihn mit einer Software, welche in der Folge Daten an die Ermittlungsbehörden versendet.
Zwar sei das aufgespielte Überwachungsprogramm grundsätzlich auf laufende Telekommunikationsvorgänge beschränkt, es würden jedoch regelmäßig auch andere Daten erfasst. Schon aus diesem Grunde sei eine solche Maßnahme unverhältnismäßig. Stattdessen müssten "andere technische Mittel gefunden werden, um neue Kommunikationsformen in elektronischen Medien zu überwachen, ohne dabei in die Rechner der Betroffenen einzugreifen". Entsprechende Lösungen solle das vor Kurzem eingerichtete "Kompetenzzentrum TKÜ"beim Bundesverwaltungsamt erarbeiten.
Nicht zuletzt enthält das Papier auch Vorschläge für die "Ausweitung von Ermittlungen in schwer zugänglichen Bereichen des Internets" auch unter Einsatz verdeckter Ermittler sowie zur "verdachtsgestützten Überprüfung der Zahlungsströme im Online-Bereich" etwa durch eine gezielte Abfrage von Kreditkartendaten. Datenschutzverstöße sollen "mit der angemessenen Härte des Gesetzes geahndet werden".
Internetkriminalität: . In: Legal Tribune Online, 11.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1911 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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