Die Unionsbürgerschaft sichert ihrem Träger alle europäischen Rechte – darunter das Recht zur Freizügigkeit sowie das Bleiberecht. Nun dürfen aber auch die Eltern des Unionsbürgers im Mitgliedstaat bleiben und arbeiten. Das entschied der EuGH am Dienstag.
Nationale Maßnahmen dürfen nicht faktisch das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers beeinträchtigen. Dass die Eltern eines minderjährigen Unionsbürgers ausgewiesen werden und daraus der mittelbare Verlust des Aufenthaltsrechts folgt, ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) (Urteil vom 8. März 2011, Az. C-34/09).
Sollte den Eltern der Aufenthalt verweigert werden, würden die Kinder gezwungen, ihren Eltern zu folgen. Das gleiche Problem entsteht, wenn den Eltern die Arbeitserlaubnis versagt wird. Den Kindern wäre es als Folge unmöglich, den Kernbestand ihrer Rechte aus dem Unionsbürgerstatus in Anspruch zu nehmen.
Ausgangspunkt der Entscheidung des EuGH war ein Vorabentscheidungsersuchen eines belgischen Gerichts. Ein kolumbianisches Ehepaar, das Asyl beantragt hatte, sollte ausgewiesen werden. In der Zwischenzeit gebar die Frau zwei Kinder, die durch die Geburt in Belgien die belgische Staatsangehörigkeit erlangten.
Dem Vater gelang es zunächst trotz fehlender Arbeitserlaubnis, in Vollzeitbeschäftigung die Familie zu versorgen. Als er jedoch arbeitslos wurde, stellte er Anträge auf Arbeitslosengeld. Diese wurden mit dem Hinweis auf die fehlende Aufenthaltserlaubnis abgelehnt.
Der anschließende Antrag der Eheleute auf Niederlassung in Belgien als Verwandte eines belgischen Staatsbürgers wurde ebenfalls abgelehnt. Die belgischen Behörden erhoben den Vorwurf, dass die Elten sich bewusst nicht um die kolumbianische Staatsangehörigkeit ihrer Kinder bemüht hätten.
Schließlich klagte der Vater vor dem Tribunal du travail de Bruxelles (Belgien) gegen die Entscheidung über Niederlassung und Arbeitslosengeld. Das Gericht legte dem EuGH die Frage vor, ob ein Anspruch des Vaters aus dem Unionsrecht folgen kann, obwohl die belgischen Kinder von ihrem Recht auf Freizügigkeit im Gebiet der Mitgliedstaaten bisher niemals Gebrauch gemacht haben. Der EuGH jedoch erteilte der uneingeschränkten Unionsbürgerschaft der Kinder den Vorrang.
ssc/LTO-Redaktion
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EuGH: . In: Legal Tribune Online, 08.03.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2716 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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