Der Weg für die Pkw-Maut ist fürs Erste frei. Die EU-Kommission stellt das diesbezüglich geführte Verfahren gegen Deutschland ein. Für Bundesverkehrsminister Dobrindt bedeutet die Entscheidung einen wichtigen Sieg.
Seit Jahren streiten die Bundesregierung und die Kommission der Europäischen Union (EU) um die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland. Am Mittwoch wurde das Verfahren gegen die Bundesrepublik nun eingestellt. Der Weg für das Prestige-Projekt von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist damit wohl frei.
Eine erste Version des Gesetzentwurfs für eine Pkw-Maut auf deutschen Straßen war von der Kommission beanstandet worden, da man eine Diskriminierung ausländischer Unionsbürger befürchtete. Die sogenannte Infrastrukturabgabe soll sowohl von inländischen als auch von ausländischen Autofahrern zur Nutzung von Autobahnen und Bundesstraßen entrichtet werden.
Wenngleich zunächst beide zahlten, fließe die Zusatzbelastung durch die Maut auf den Cent genau über eine Entlastung bei der Kfz-Steuer an die deutschen Autofahrer zurück, so der Vorwurf der Kommission. Dadurch würden Ausländer jedenfalls mittelbar benachteiligt, was gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoße. Die Vorschrift verbietet "jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit" gegenüber EU-Bürgern, auch wenn diese nur mittelbar erfolgt.
Wissenschaftlicher Dienst hielt Änderungen für rechtswidrig
Aus diesem Grund leitete man ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein und klagte schließlich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Zuvor hatte es einen intensiven Austausch zwischen Brüssel und den deutschen Behörden gegeben, eine Einigung hatte man aber nicht erzielen können.
Als Reaktion auf das Vorgehen der Kommission willigte die Bundesregierung schließlich ein, Änderungen am Maut-Konzept vorzunehmen. Demnach fällt die exakte Verrechnung von Maut und Kfz-Steuer nun weg, allerdings bleibt es bei einer faktischen Mehrbelastung von ausländischen Autofahrern.
Daher wurden die Änderungen von vielen Experten, darunter sogar dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, weiterhin als nicht mit EU-Recht vereinbar angesehen. Der Bundesrat winkte sie im März dennoch durch.
Mitgliedstaaten wollen gegen Maut vorgehen
Nun hat sich die Kommission offenbar mit dem neuen Gesetzentwurf zufrieden gegeben. Man stelle darin keine Diskriminierung von EU-Bürgern mehr fest, so ihr Befund. Gleichwohl werde man im Auge behalten, ob das Gesetz korrekt angewendet werde.
Planmäßig soll die Pkw-Maut nun ab 2019 gelten, sofern sie nicht noch anderweitig gestoppt wird. Mehrere Mitgliedstaaten haben bereits angekündigt, vor dem EuGH zu klagen, darunter Österreich. Der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried bezeichnete die Entscheidung der Kommission als falsch und erklärte, man werde gegen die Pläne der Bundesregierung vorgehen.
Vor der Klageerhebung müsste sich erneut die Kommission erneut mit der Sache befassen und Stellungnahmen beider Seiten einholen. "Wird die Kommission im Anschluss nicht selbst erneut aktiv, ist der Weg für eine österreichische Klage frei", erklärte Leichtfried. Daneben erwägen mit Tschechien und den Niederlanden bereits zwei weitere Nachbarstaaten rechtliche Schritte.
Dobrindt: "Gerechtigkeit auf deutschen Straßen"
Verkehrsminister Dobrindt zeigte sich unterdessen erfreut über die Entscheidung: "Damit schaffen wir Gerechtigkeit auf deutschen Straßen und setzen auf das Prinzip: Wer nutzt, der zahlt - und keiner zahlt doppelt". Man wolle nun die technische Umsetzung des Projekts zügig vorantreiben, kündigte der Christdemokrat an.
Auch Horst Seehofer, Parteichef der CSU, setzt nun auf ein schnelles Fortkommen bei dem für seine Partei so wichtigen Projekt: "Irgendwann muss man im Leben einen Haken machen und sagen: Projekt positiv erledigt".
Ismail Ertug, SPD-Verkehrsexperte im Europaparlament, erklärte dagegen in einer ersten Reaktion sein Unverständnis über die Kommissionsentscheidung. Nach wie vor würden ausländische Autofahrer systematisch benachteiligt. Linken-Chef Bernd Riexinger rügte dagegen, durch das Vorhaben würden der Privatisierung deutscher Autobahnen Tür und Tor geöffnet.
mam/LTO-Redaktion/dpa
EU-Kommission billigt Maut: . In: Legal Tribune Online, 17.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22954 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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