Mehr als ein Jahr saß der frühere Leiter des türkischen Ablegers von Amnesty International in Untersuchungshaft. Zu Unrecht, wie der EGMR nun entschied. Die Türkei muss dem Menschenrechtler nun Schadensersatz zahlen.
Die mehr als einjährige Untersuchungshaft des ehemaligen Chefs der türkischen Sektion von Amnesty International, Taner Kilic, war nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) unrechtmäßig und willkürlich. Es habe keinen begründeten Verdacht gegeben, dass der Menschenrechtler eine Straftat begangen habe, heißt es in einer Mitteilung vom Dienstag. Zudem sei gegen sein Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen worden. Die Türkei soll Kilic nun 24.500 Euro Schadensersatz zahlen und seine Kosten und Auslagen in Höhe von 10.000 Euro übernehmen (Nummer 208/18).
Kilic war im Juni 2017 festgenommen worden. Die Untersuchungshaft wurde bis Mitte August 2018 mehrfach verlängert. Hintergrund der Festnahme waren Ermittlungen gegen mutmaßliche Mitglieder der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen. Die türkische Regierung macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers für einen Putschversuch 2016 verantwortlich. Als Beweise gaben die Behörden an, Kilic habe bestimmte Publikationen abonniert und mit verschlüsselten Nachrichten gearbeitet. Auch die von ihm genutzte Bank sowie die Schule, auf die er seine Kinder schickte, sahen die Behörden als Beweise. Der EGMR erachtete dies als nicht ausreichend.
Die türkische Regierung war nach dem Putschversuch mit sogenannten Säuberungen gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger vorgegangen, aber auch gegen Oppositionelle. Per Dekret wurden Zehntausende Staatsbedienstete entlassen und Zehntausende Menschen verhaftet.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
EGMR: . In: Legal Tribune Online, 31.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48611 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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