Das BVerwG in Leipzig hat am Mittwoch über die Klage des Parlamentsabgeordneten Bodo Ramelow (MdL) entschieden, mit der er sich gegen die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz wandte.
Der Kläger ist Mitglied der Partei DIE LINKE und gehörte dem 16. Deutschen Bundestag als Abgeordneter an. Inzwischen ist er Mitglied des Thüringer Landtages geworden, wo er der Fraktion DIE LINKE vorsitzt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhebt Informationen über die Tätigkeit des Klägers in der Partei DIE LINKE sowie über seine Abgeordnetentätigkeit, jedoch ohne sein Abstimmungsverhalten und seine Äußerungen im Parlament und den Ausschüssen.
Der Kläger hatte in den beiden Vorinstanzen mit seiner Klage überwiegend Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte zwar angenommen, es lägen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Partei DIE LINKE vor, die Sammlung personenbezogener Informationen über den Kläger sei aber unverhältnismäßig.
Auf die Revision des beklagten Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Klage nun abgewiesen (Urt. v. 21.07.10, Az. 6 C 22.09 - noch nicht veröffentlicht). Dabei war es aus revisionsrechtlichen Gründen an die Feststellungen des OVG gebunden, wonach tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Partei DIE LINKE vorlägen. Die Tätigkeit des Klägers in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE rechtfertige, so das BVerwG, auch die Erhebung von Informationen über ihn durch das BfV im Wege der offenen Beobachtung.
Eine Beobachtung des Klägers sei nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil auch nach den Feststellungen des OVG der Kläger in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolge. Die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c Bundesverfassungsschutzgesetz sei auch auf Abgeordnete eines Landtags oder des Deutschen Bundestags anwendbar; parlamentsrechtliche Grundsätze stünden dem nicht entgegen. Dies treffe ebenso auf den Grundsatz des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 GG zu.
Die Beobachtung des Klägers sei ferner auch verhältnismäßig und angemessen. Zwar berge die nachrichtendienstliche Beobachtung von Parlamentsabgeordneten erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung und damit für den Prozess der demokratischen Willensbildung insgesamt.
Das Gewicht dieser Belastung für den Kläger sei jedoch dadurch gemindert, dass das BfV sich auf eine offene Beobachtung beschränkt und den Kern der parlamentarischen Tätigkeit des Klägers ausgenommen habe. Demgegenüber spreche für die Rechtmäßigkeit der Beobachtung das besondere Gewicht des Schutzes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der Umstand, dass der Kläger ein führender Funktionär der Partei DIE LINKE sei.
BVerwG: . In: Legal Tribune Online, 22.07.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1032 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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