Wer sein Kind in die Kita oder die Schule schicken möchte, muss es vorher gegen Masern impfen lassen. Am Donnerstag wird das BVerfG über die Verfassungsbeschwerden mehrerer Eltern entscheiden, die sich gegen die Impfpflicht wehren.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) veröffentlicht am Donnerstag seine Entscheidung über mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Masern-Impfpflicht (Az. 1 BvR 469/20 u.a.). Das gab das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe am Montag auf seiner Internetseite bekannt.
Geklagt haben mehrere Eltern mit ihren betroffenen kleinen Kindern. Die Klägerinnen und Kläger sehen in der Impfpflicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit und ihr Erziehungsrecht als Eltern. Weshalb eine Impfpflicht verfassungswidrig sein könnte, erklärte Prof. Dr. Stephan Rixen im LTO-Interview. Rixen vertritt die Eltern, die in der Masern-Impfpflicht einen Grundrechtsverstoß sehen und daher Verfassungsbeschwerden beim BVerfG eingereicht haben.
Bestehende Masern-Impfpflicht
Seit dem 1. März 2020 müssen Eltern, die ihr Kind in die Kita oder zu einer Tagesmutter geben oder einschulen wollen, vor der Aufnahme nachweisen, dass es geimpft ist oder schon die Masern hatte. Die im November 2019 vom Bundestag beschlossene Impfpflicht soll helfen, Ausbrüche der hochansteckenden Viruserkrankung möglichst ganz zu verhindern.
Nach einer mehr als zweijährigen Übergangsfrist gilt diese Nachweispflicht seit August 2022 auch für alle Kinder, die schon in den Einrichtungen waren. Ohne Nachweis kann die Betreuung verweigert werden. Da die Schulpflicht weiterhin gilt, drohen den Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen, Bußgelder von bis zu 2.500 Euro. Eine zwangsweise Impfung ist ausgeschlossen.
Experten warnen davor, dass die Masern keine harmlose Krankheit sind. Insbesondere bei den Jüngsten, Schwangeren und Erwachsenen mit einer Immunschwäche kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen, die manchmal mit bleibenden Schäden oder sogar tödlich enden. Die Impfpflicht gilt auch für andere Gemeinschaftseinrichtungen, in denen viele Menschen zusammenkommen, etwa für Flüchtlingsunterkünfte. Auch die Beschäftigten wie Lehrerinnen und Erzieher sind umfasst.
Eltern scheiterten im Eilverfahren
In dem zunächst durchgeführten Eilverfahren hatten die Verfassungsrichterinnen und -richter im Mai 2020 den Interessen der Allgemeinheit den Vorrang eingeräumt und die Eilanträge abgewiesen: Es gehe um die "Abwehr infektionsbedingter Risiken für Leib oder Leben einer Vielzahl von Personen".
Allerdings hielt das BVerfG die Verfassungsbeschwerden der Eltern, mit denen sie sich gegen Teile des § 20 IfSG wenden, nicht für aussichtslos, wie sie im Zuge des Eilverfahrens betonten. Es bedürfe einer eingehenden Prüfung im Hauptverfahren vorerst habe die Impfpflicht aber weiter Bestand.
Der Beschluss des BVerfG wird am Donnerstag um 9.30 Uhr schriftlich mitgeteilt.
dpa/ku/LTO-Redaktion
* Textversion vom 16.08.2022, 13:33, Eigenschaft von Dr. Rixen als Prozessvertreter ergänzt.
BVerfG entscheidet über Verfassungsbeschwerden: . In: Legal Tribune Online, 15.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49320 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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