Arbeit im Strafvollzug muss angemessen vergütet werden. Dabei ist unerheblich, ob sie freiwillig oder als Pflichtarbeit ausgeübt wird. Das hat BVerfG in einem langen obiter dictum ausgeführt.
Arbeit im Strafvollzug stellt einen gewichtigen Resozialisierungsfaktor dar. Dessen Wirksamkeit hängt davon ab, dass die geleistete Arbeit eine angemessene Anerkennung findet. Ob der Strafgefangene freiwillig arbeitet oder eine zugewiesene Pflichtarbeit ausübt, spielt dabei keine Rolle. In beiden Fällen muss die Anerkennung geeignet sein, dem Strafgefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit vor Augen zu führen. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem heute veröffentlichten Beschluss mitgeteilt (v. 16.12.2015, Az. 2 BvR 1017/14).
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde gegen die Neuregelung der Vergütung von freiwillig arbeitenden Strafgefangenen in Rheinland-Pfalz als unzulässig abgewiesen. Der Grundsatz der materiellen Subsidiarität sei nicht gewahrt, eine Entscheidung bliebe den Richtern aus Karlsruhe daher "verwehrt". Dementsprechend bleibt auch die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des rheinland-pfälzischen Justizvollzugsgesetzes (LJVollG) ungeklärt. Dennoch sahen die Richter sich in Hinblick auf die Auffassung des Landes zu einigen Hinweisen "veranlasst".
Die Länder haben seit 2006 die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug. Mit der Neufassung war in der Folge in Rheinland-Pfalz die nicht-monetäre Vergütungskomponente ersatzlos weggefallen. Diese war zuvor zusätzlich zur monetären Vergütungskomponente unter anderem in Form von Freistellungstagen gewährt worden, die auch als Urlaub aus der Haft genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden konnten. Der Landesgesetzgeber hatte dies mit einer neuen Vollzugskonzeption begründet, in der Arbeit - anders als im StVollzG des Bundes - nicht den zentralen, sondern nur einen von vielen Resozialisierungsfaktoren darstelle. Die Neukonzeption sehe überdies keine Pflichtarbeit mehr vor, sondern stelle es dem Strafgefangenen frei, eine Tätigkeit aufzunehmen. Der rheinland-pfälzische Gesetzgeber war der Meinung, dass die aus dem Resozialisierungsgebot abgeleitete Forderung, Arbeit angemessen anzuerkennen, nur für solche Gefangenen gelte, die zu einer Arbeit oder sonstigen Beschäftigung verpflichtet wurden.
Arbeit ist gewichtiger Faktor der Resozialisierung
Das BVerfG ist hingegen der Ansicht, dass Arbeit im Strafvollzug einen gewichtigen Resozialisierungsfaktor darstellen müsse. Dessen Wirksamkeit hänge davon ab, dass die geleistete Arbeit eine angemessene Anerkennung finde. Ob der Strafgefangene freiwillig arbeitet oder eine zugewiesene Pflichtarbeit ausübt, spiele insoweit keine Rolle. In beiden Fällen müsse die Anerkennung geeignet sein, dem Strafgefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit vor Augen zu führen.
Es sei zweifelhaft, ob Resozialisierung auch ohne Arbeit erreicht werden könne, zumal therapeutische, psychiatrische sowie Trainings- und Qualifizierungsmaßnahmen den Alltag der Gefangenen in der Regel nicht ausfüllten und zudem ohnehin nur für einen Teil der Gefangenen in Betracht kommen dürften. Es sei anzunehmen, dass die Arbeit auch nach Inkrafttreten des LJVollzG ein gewichtiger Resozialisierungsfaktor geblieben ist.
Arbeit im Strafvollzug sei aber nur dann ein wirksames Resozialisierungsmittel, wenn die geleistete Arbeit eine angemessene Anerkennung findet, unabhängig ob es sich um freiwillige oder um Pflichtarbeit handelt. Zwar stehe dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum bei der Ausgestaltung der Vergütung der Gefangenenarbeit zu. Die Vergütung müsse jedoch geeignet sein, dem Resozialisierungsgebot gerecht zu werden.
Regelung auf Bundesebene "noch" verfassungsgemäß
Das StVollzG des Bundes, welche eine monetäre und eine nicht monetäre Vergütungskomponente kombinierte, hielt das BVerfG im Jahr 2002 (Beschl. v. 24.03.2002, Az. 2 BVR 2175/01) für "derzeit noch vertretbar" und hob hervor, dass gerade die Gewährung von Freistellung in Abhängigkeit zur geleisteten Arbeit dem Resozialisierungsgebot gerecht werde. Allerdings bleibe der Gesetzgeber auch hier aufgefordert, den Umfang der nicht monetären Leistung einer ständigen Überprüfung zu unterziehen.
In der Vergangenheit hatten bereits Häftlinge die Regelung in Rheinland-Pfalz zu Arrestarbeit angegriffen und waren mit ihren Klagen gescheitert.
tap/acr/LTO-Redaktion
BVerfG zu Gefangenenvergütung: . In: Legal Tribune Online, 03.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18350 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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