Schwangere können zum Schutz des ungeborenen Kindes einen Anspruch darauf haben, dass die Krankenkasse Medikamente bezahlt, die noch nicht zugelassen sind. Dafür müsse aber eine "notstandsähnliche Situation" vorliegen, so das BSG.
Schwangere Frauen haben ausnahmsweise Anspruch auf Bezahlung eines für die konkrete Behandlung nicht zugelassenen Arzneimittels durch die Krankenkasse, um ihr ungeborenes Kind vor einer gefährlichen Infektion zu schützen - allerdings nur, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen tödlichen oder besonders schweren Verlauf spricht. Das hat der erste Senat des Bundessozialgerichts (BSG) am Dienstag entschieden, wie nun bekannt wurde (Urt. v. 24.01.2023, Az. B 1 KR 7/22 R).
Die in dem Fall klagende Schwangere hatte sich mit dem für sie ungefährlichen Zytomegalievirus infiziert. Es bestand jedoch ein Ansteckungsrisiko für das ungeborene Kind mit potenziell schwerwiegenden Folgen bis hin zum Abort. Bei der großen Mehrheit der Schwangerschaften infizierter Mütter kommen die Kinder aber trotzdem gesund zur Welt.
Das von der Frau begehrte Arzneimittel sollte die Ansteckungswahrscheinlichkeit für das Ungeborene verringern. Es war aber hierfür nicht zugelassen und nicht abschließend erforscht. Die Krankenkasse lehnte die Übernahme der Kosten dafür entsprechend ab.
Der Senat hat diese Entscheidung der Kasse nun bestätigt. Der Staat müsse zwar das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Versicherten schützen. Diese Schutzpflicht erstrecke sich bei schwangeren Frauen auch auf das ungeborene Kind. Die Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung obliege aber dem Gesetzgeber, betonten die Richter. Nur in extremen, nunmehr in § 2 Abs. 1a i.V.m. § 27 Abs. 1 SGB V einfachgesetzlich geregelten Ausnahmefällen hätten Versicherte Anspruch auf Arznei, die nicht im Katalog steht.
Dafür müssten sie sich aber in einer notstandsähnlichen Situation befinden. Für eine solche müsse wiederum eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen tödlichen oder besonders schweren Krankheitsverlauf sprechen. Das sei mit Blick auf das ungeborene Kind bei statistischer Betrachtung der Abortsfälle wegen des Zytomegalievirus aber nicht der Fall, so das Gericht.
pab/LTO-Redaktion
BSG zum Schutz des ungeborenen Kindes: . In: Legal Tribune Online, 25.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50879 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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