Ein bayerischer Wirt will gerichtlich gegen Google vorgehen, die Suchmaschine mache falsche Angaben über sein Lokal. Nur: Das Unterfangen könnte schon an der Klagezustellung scheitern. "Juristisches Neuland", sagt sein Anwalt.
Wenn man bei Google zum Beispiel nach Restaurants, Lokalen oder Gaststätten sucht, erhalten Suchende neben Angaben zu den Öffnungszeiten unter anderem auch Informationen zu den üblichen Wartezeiten der jeweiligen Tages- oder Abendzeit, die potenzielle Gäste einkalkulieren sollten. So auch, wenn man nach dem Bräustüberl Tegernsee sucht - jedenfalls bis zum gestrigen Donnerstag. Seit diesem Freitag ist das nicht mehr so. Warum, ist nicht ganz sicher.
Es könnte allerdings damit zu tun haben, dass Peter Hubert, Geschäftsführer des Bräustüberls, in den vergangenen Tagen im Gespräch mit mehreren Zeitungen darüber geklagt hatte, dass die von Google angegebenen Wartezeiten für sein Lokal völlig überzogen seien und deshalb möglicherweise potenzielle Kunden ausblieben. "Da muss jemand auf einen Knopf gedrückt haben", schilderte er seine Vermutung am Freitag gegenüber dem Merkur.
Bereits 2017, so Hubert im Gespräch mit LTO, sei ihm aufgefallen, dass die von Google angezeigten Wartezeiten den Eindruck erweckten, als sei das Brauhaus immer "stark besucht", weswegen Gäste mit Wartezeiten von über einer Stunde zu rechnen hätten. Diese Angaben seien bis zuletzt aber nicht immer richtig gewesen, sagt Hubert, der deshalb eine Richtigstellung vom Internetriesen verlangte.
Auf seine Nachfrage habe sich Google indes wenig kooperativ gezeigt und lediglich verlauten lassen, dass die Angaben auf einem Algorithmus basierten, der nicht veränderbar sei. Der Wirt will sich - auch wenn Google seit diesem Freitag keine Angaben zu den Wartezeiten für seine Gaststätte mehr macht - damit nicht zufrieden geben und strebt nach wie vor eine Klage mit dem Ziel an, Google zu verpflichten, die Veröffentlichung von unrichtigen Angaben zu unterlassen. Nur: Die Zustellung einer solchen Klage mache schon Probleme, so Hubert.
Huberts Anwalt: "Google stellt künstliche Hürden auf"
Dass die Klagezustellung an Google in Deutschland rechtliches Neuland sei, sagt auch Rechtsanwalt Dr. Thomas Glückstein, den Hubert mit der Sache beauftragte. Er und sein Mandant hatten sich bewusst dazu entschieden, die Klageschrift an Google in Deutschland zustellen zu lassen. Google, so Glückstein, behaupte jedoch, die Standorte von Google in Deutschland hätten mit den Google-Diensten nichts zu tun und seien daher auch nicht für Klagen zuständig. Das sei nur Sache der Zentrale in den USA.
Das bestreitet der Jurist: "Google unterhält große Büros in Deutschland, hat eine Rechtsabteilung in Deutschland und beschäftigt in Deutschland Entwickler, die an den weltweiten Google-Diensten arbeiten. Dass die Büros in Deutschland nichts mit den Google-Diensten zu tun hätten, ist eine Schutzbehauptung von Google", sagt der Jurist. "Google versucht, künstliche Hürden aufzustellen, um potenzielle Kläger von der Inanspruchnahme von Rechtsschutz abzuschrecken". Eine Auslandszustellung koste wegen der hohen Übersetzungskosten wesentlich mehr als eine Zustellung in Deutschland und dauere Monate.
Glückstein kritisiert, dass sich Google einer Klagezustellung innerhalb von Deutschland entziehen wolle. Bei sozialen Netzwerken habe der Gesetzgeber das Problem erkannt. Dabei sehe etwa das Netzwerkdurchsuchungsgesetz (NetzDG) vor, dass der Anbieter eines sozialen Netzwerks einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten benennen müsse. "Wer sich geschäftsschädigenden Handlungen ausgesetzt sieht, muss ebenfalls effektiven Rechtschutz in Anspruch nehmen können, ohne dass die gegnerische Partei mit Standorten in Deutschland auf die Zentrale im Ausland verweisen kann", so der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht gegenüber LTO.
Hubert und Glückstein warten nun zunächst auf eine Entscheidung des Landgerichts München I (LG). Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist für den 28. August anberaumt. Glückstein rechnet nicht damit, dass ein Vertreter von Google erscheint. Für den Fall, dass das LG die Unwirksamkeit der Klagezustellung feststellt, sei geplant, in die nächste Instanz zu gehen.
Auf eine Presseanfrage der LTO an Google zu den Vorkommnissen war bis zum Erscheinen dieses Artikels keine Antwort zu bekommen.
Restaurant will Internetriesen verklagen: . In: Legal Tribune Online, 12.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36471 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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