Die CDU warnte vor einer Staatskrise und einem Verfassungsbruch, doch SPD, Linke und Grüne in Brandenburg zogen ihr Vorhaben durch: Ein neues Gesetz soll gleich viele Frauen und Männer ins Parlament bringen. Ein Modell auch für den Bund?
Brandenburg hat als erstes Bundesland ein Gesetz beschlossen, das von Parteien bei Landtagswahlen gleich viele Frauen und Männer als Kandidaten verlangt. Der Landtag votierte am Donnerstag in Potsdam mit den Stimmen der rot-roten Regierungsfraktionen und der Grünen für die Änderung des Wahlgesetzes. Damit wollen die drei Fraktionen erreichen, dass möglichst gleich viele Männer und Frauen in den Landtag einziehen können. Ausgenommen von der Regelung bleiben allerdings die Direktkandidaten in den Wahlkreisen.
Die Oppositionsfraktionen von CDU und AfD stimmten gegen das Gesetz. Sie halten es für verfassungswidrig, weil es unzulässig in das Wahlrecht eingreife. Die Regelung soll erst im Sommer 2020 und damit nach der Brandenburger Landtagswahl im Herbst in Kraft treten.
Die Brandenburger Piraten und die Jugendorganisation der Brandenburger Liberalen haben Verfassungsbeschwerden dagegen angekündigt. Die Piraten - nicht im Landtag vertreten - sehen einen Verstoß gegen Artikel 12 der Landesverfassung zur Gleichheit und einen massiven Eingriff in das Prinzip der Organisationsfreiheit der Parteien.
Opposition warnt vor Staatskrise
Der CDU-Innenexperte Björn Lakenmacher hatte bei der Beratung im Innenausschuss vor einer möglichen Staatskrise gewarnt, weil es gegen die Regelung erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gebe. "Wenn nach dem Inkrafttreten Neuwahlen notwendig würden und die Verfassungsgerichte noch nicht abschließend entschieden haben, hätten wir eine veritable Staatskrise", hatte er gemahnt. Dagegen hatten die Fraktionen von SPD und Grünen argumentiert, die Gleichstellung von Frauen und Männern sei ein verfassungsrechtliches Gebot.
Die gesetzliche Regelung fußt auf einem Entwurf der Grünen, den SPD und Linke geändert hatten. Die AfD hatte im vergangenen Jahr ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes zur Initiative der Grünen anfertigen lassen. Dieser stufte das Vorhaben als unvereinbar mit dem Grundgesetz ein.
Die SPD im Landtag schreibt auf ihrer Homepage, es gehe nicht nur darum, dass Frauen die Hälfte der Landtagsmandate bekommen. "Es geht darum, dass die Bedürfnisse, Interessen und Vorstellungen von Frauen gleichberechtigt vertreten werden." Der Landtag müsse mit positivem Beispiel vorangehen. Die SPD setzt bei der Listenaufstellung in Bund und Ländern bereits jetzt auf volle Parität.
Juristinnenbund hofft auf Vorbildfunktion
Der Deutsche Juristinnenbund (djb) begrüßte das Gesetz. "Brandenburg nimmt damit eine wichtige Vorreiterrolle ein. Wir hoffen, dass dieser Schritt für andere Bundesländer und den Bund Vorbildfunktion entfaltet", so Maria Wersig, Präsidentin des djb. "Der ursprüngliche Entwurf der Grünen hätte die paritätische Besetzung des Parlaments allerdings noch zielsicherer herbeiführen und vor allem nachhaltiger gewährleisten können, da er sowohl bei den Landeslisten als auch den Direktmandaten ansetzt.", so Wersig weiter. Der Vorschlag der Grünen sah vor, auch die Direktmandate jeweils mit einem "Wahlkreisduo" von einer Frau und einem Mann paritätisch zu besetzen. Um die vorgegebene Anzahl an Direktmandaten nicht zu erhöhen, sollte die Anzahl der Wahlkreise halbiert werden.
Auf Bundesebene hatten Justizministerin Katarina Barley und Frauenministerin Franziska Giffey (beide SPD) gefordert, eine stärkere Vertretung von Frauen im Bundestag durchzusetzen. Auch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will, dass mehr Frauen in den Parlamenten vertreten sind. Auch ihre Partei müsse hier noch "ihre Hausaufgaben machen", sagte sie in einem am Donnerstag in Teilen vorab veröffentlichten Gespräch mit der Zeitschrift Emma (Erscheinungsdatum 28. Februar). "Ich bin auf jeden Fall dafür, dass im Zusammenhang mit der Wahlrechtsreform die Frage der Frauen-Repräsentanz entsprechend ihres Anteils an der Bevölkerung diskutiert wird", sagte sie.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Verfassungsbeschwerden bereits angekündigt: . In: Legal Tribune Online, 31.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33591 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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