Eine Schrottimmobilie, der Beschluss einern Wohnungseigentümergemeinschaft und Sondereigentum - wie bringt man das in Einklang? Der BGH musste für eine vertrackte Situation einen Ausweg finden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Wohnungseigentümer die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums mit einem Mehrheitsbeschluss nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit dauerhaft verbieten können, wenn auch das Sondereigentum infolge des Verbots nicht mehr genutzt werden kann (Urt. v. 15.10.2021, Az. V ZR 225/20).
In dem Fall ging es um ein mehr als 40 Jahre altes und stark sanierungsbedürftiges Parkhaus, welches nach dem Wohnungseigentümergesetz (WEG) auf mehrere Parteien aufgeteilt ist. Drei der elf Ebenen stehen dabei im Sondereigentum der klagenden Eigentümerin, die diese Teile des Parkhauses an ein Hotel vermietet. Im Übrigen ist das Parkhaus schon seit Jahren außer Betrieb. Das Bauordnungsamt hatte Nachweise zum Brandschutz angefordert, woraufhin die Wohnungseigentümer mehrheitlich beschlossen haben, dass auch die noch genutzten Parkebenen außer Betrieb genommen werden sollen. Da die Gemeinschaft eine Sanierung ablehnt, hat man der klagenden Eigentümerin gestattet, die bestehenden Mängel selbst und auf eigene Kosten zu sanieren.
In erster und zweiter Instanz blieb sie damit erfolglos, doch beim V. Zivilsenat des BGH hatte ihre Beschlussmängelklage nun Erfolg.
Zwar könnten die Wohnungseigentümer grundsätzlich im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung ein auf Gefahrenabwehr gerichtetes Nutzungsverbot beschließen, so der Senat in seiner Begründung. Wenn davon aber - wie hier - Sondereigentum derart intensiv betroffen ist, seien an ein solches Verbot sehr hohe Anforderungen zu stellen. Die Wohnungseigentümer sind nach Auffassung des BGH zur Behebung gravierender baulicher Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums verpflichtet. Der Einwand, dass die Kosten hierfür unzumutbar seien, überzeugte den Senat nicht.
Weiter führte der V. Zivilsenat aus, dass ein Nutzungsverbot nur dann rechtmäßig sein könne, wenn eine Sanierungspflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 22 Abs. 4 WEG aF (nach der WEG-Reform nunmehr § 22 WEG) ausgeschlossen wäre; dann müsste die Gefahrenabwehr durch Stilllegung des Gemeinschaftseigentums erfolgen.
Der Senat meint allerdings, dass eine Zerstörung im Sinne von § 22 Abs. 4 WEG nach dem Wortlaut aber nur dann vorliegt, wenn die Nutzbarkeit des Gebäudes durch punktuelle Ereignisse wie Brand, Überflutung oder Explosion wesentlich beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Das ergebe sich auch aus einer historischen Auslegung, denn 1951 ist der Gesetzgeber nach Auffassung des Senats auch von punktuellen Ereignissen wie Bombenschäden aus Kriegszeiten ausgegangen. Entsprechend greife die Norm hier nicht ein, von Zerstörung könne keine entsprechend keine Rede sein. Der Zustand des Parkhauses ergebe sich vielmehr aus Überalterung des Gebäudes.
Auch eine analoge Anwendung der Norm lehnte der Senat ab. Entsprechend könne auch das Nutzungsverbot nicht rechtmäßig sein.
jb/LTO-Redaktion
BGH zum Sondereigentum: . In: Legal Tribune Online, 15.10.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46368 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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