Der einstige Weltmeister im Dreisprung, Charles Friedek, klagt gegen den DOSB, seit der ihm 2008 die Olympia-Nominierung versagte. Auf die entscheidende Auslegungsfrage fanden die Gerichte keine einheitliche Antwort – aber eine letzte.
Der Weg zur Olympiade führt in Deutschland über den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), der allein berechtigt ist, Athleten für das sportliche Gipfeltreffen zu nominieren. Das tut er nach bestimmten Voraussetzungen, die sich aus seinen "Normierungsrichtlinien" eigentlich klar ergeben.
Eigentlich – denn die Fassung aus 2008 erklärte nicht ausdrücklich, ob ein Dreispringer die geforderte Distanz von 17 Metern ("B-Norm") in zwei Durchläufen desselben Wettkampfes erzielen darf, oder ob dies zu zwei getrennten Anlässen geschehen muss, um vom Deutschen Leichtathletikverband (DLV) dem DOSB vorgeschlagen und anschließend von diesem nominiert zu werden.
Für den Kläger Charles Friedek wäre das zu früheren Zeiten wohl kein Problem gewesen: 1999 wurde er Weltmeister im Dreisprung, mit einer Distanz von 17,59 Metern. 2008 hingegen schaffte er die 17,10m lediglich in Versuchen, die aufgrund von Rückenwind nicht zählten, die 17,00m nur in zwei Sprüngen am selben Tag. Der DLV hielt das nicht für ausreichend, schlug den Kläger dem DOSB aber dennoch vor, nachdem das Deutsche Sportschiedsgericht ihn dazu im Eilverfahren verpflichtete.
Eine Klausel, viele Meinungen
Der DOSB hingegen sah sich durch diese Entscheidung, die zwar zu den gleichen Normierungsrichtlinien, aber nicht gegenüber ihm als Partei ergangen war, nicht gebunden. Nachdem die ordentlichen Gerichte (OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.07.2008, Az. 4 W 58/08) sich seiner Auffassung im einstweiligen Rechtsschutz angeschlossen hatten, unterließ er eine Nominierung Friedeks. Der Leichtathlet begehrt seitdem Schadensersatz vom DOSB, unter anderem für die in der Folge ausgebliebenen Preis- und Sponsorengelder in Höhe von wenigstens 133.500 Euro.
Der Streit um diesen Anspruch ist nach inzwischen fünfjähriger Prozessdauer zumindest dem Grunde nach geklärt. In Entscheidungen, die die Methoden juristischer Auslegungsarbeit umfänglich exzerzieren, kamen die erste (LG Frankfurt, Urt. v. 15.12.2001, Az. 2-13 O 302/10) und die zweite Hauptsacheinstanz (OLG Frankfurt, Urt. v. 20.12.2013, Az. 8 U 25/12) gleichwohl zu unterschiedlichen Ergebnissen: erst für Friedek, dann gegen ihn.
Ersterem hat der BGH sich nun angeschlossen und den Streit zwecks Bestimmung der Schadenshöhe zurückverwiesen. Soweit aus der Pressemitteilung ersichtlich, scheint er im Wesentlichen die Erwägungen des LG Frankfurt zu teilen. Jenes hatte die Regularien auch deshalb zu Ungunsten des DOSB ausgelegt, weil ihre Unklarheit ihm als (Mit-)Verfasser zur Last falle – umso mehr, als sie für die Karriere der Sportler entscheidend sein könne. Weshalb die gegenteilige Auslegung des Verbandes, die immerhin zwei Eil- und eine Hauptsacheentscheidung teilen, auch "schuldhaft" geschehen sein soll, wird sich allerdings erst mit der Veröffentlichung der BGH-Entscheidung im Volltext erschließen.
cvl/LTO-Redaktion
Constantin Baron van Lijnden, Leichtathlet vor BGH siegreich gegen DOSB: . In: Legal Tribune Online, 13.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17188 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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