Im vergangenen April hat der EuGH entschieden, dass Verbraucherschutzverbände auch ohne Auftrag gegen Datenschutzverstöße von Unternehmen klagen können. Nun will der BGH wissen, ob das auch für Konkurrenten gilt.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss klären, ob Konkurrenten wegen möglicher Datenschutzverstöße von Unternehmen vor die Zivilgerichte ziehen dürfen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe legte am Donnerstag zwei Verfahren vor, um den Sachverhalt in Luxemburg prüfen zu lassen. Dabei geht es vor allem darum, ob die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nationalen Regelungen entgegensteht, die Mitbewerbern ein solches Klagerecht bei angenommenen Datenschutzverstößen einräumen (Beschl. v. 12.01.2023, Az. I ZR 222/19 und I ZR 223/19).
Im konkreten Fall klagt ein Apotheker gegen zwei Mitbewerber, die Produkte über die Internetplattform Amazon vertreiben. Dabei werden aus seiner Sicht Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO erhoben, die Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand einer Person zulassen, wie sein BGH-Anwalt Peter Rädler bei der mündlichen Verhandlung im September gesagt hatte. Amazon habe Zugriff auf diese Daten, dort arbeite aber kein pharmazeutisches Personal. Auch greife der Apotheker nicht wie im Verkaufsraum ein, wenn Menschen über ein Produkt falsche Dinge erzählen - etwa in Kundenrezensionen.
Der Vertreter der Gegenseite, Thomas Winter, argumentierte hingegen, dass man durch eine Bestellung über den Amazon Marketplace gerade keine Rückschlüsse auf den eigentlichen Patienten ziehen könne. Genauso gut könne jemand für seine Kinder Nasenspray bestellen. Auch werde der Vertrag über den Verkauf direkt mit dem Apotheker und nicht mit Amazon abgeschlossen, nur er habe Zugriff auf die Produkte.
Der BGH hatte die Verfahren bereits 2020 bis zur Entscheidung des EuGH über ein weiters Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt. Der BGH wollte damals wissen, ob Mitbewerber und berechtigte Verbände wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) wegen DSGVO-Verstößen unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person vor den Zivilgerichten Klagen können. Der EuGH bejahte die Klagebefugnis für berechtigte Verbände, beantwortete die Frage nach der Klagebefugnis von Mitbewerbern aber nicht, da sie nicht entscheidungserheblich war. Hier verkündete der Senat im November, noch einmal wegen Detailfragen den EuGH in Luxemburg einzubeziehen.
In dem Streit zwischen den Apothekern will der BGH nun wissen, ob es DSGVO-konform ist, wenn auch Mitbewerber gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken vorgehen können. Außerdem fragt der Senat, ob es sich bei den dabei erhobenen Details wie Lieferadresse und Art der apothekenpflichtigen - nicht aber verschreibungspflichtigen - Medikamente um Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO handelt.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
BGH legt Fragen zur Vorabentscheidung vor: . In: Legal Tribune Online, 12.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50731 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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