Aktionären muss beim Rückzug einer Gesellschaft von der Börse kein Barabfindungsangebot für ihre Aktien gemacht werden. Dies entschied der für Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des BGH in einem am Dienstag bekannt gewordenen Beschluss.
Damit gab der Bundesgerichtshof (BGH) seine bisherige Rechtsprechung auf. Nach dem "Macroton"-Urteil von 2002 musste die Hauptversammlung einem Rückzug von der Börse zustimmen und den Aktionären ein Angebot für ihre Aktien machen.
Auslöser für die Rechtsprechungsänderung war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Die Karlsruher Richter hatten im Vorjahr festgestellt, dass der Widerruf der Börsenzulassung für den regulierten Markt grundsätzlich nicht das Eigentumsgrundrecht der Aktionäre berührt. Deshalb sei ein Kaufangebot an die Aktionäre für den Fall des Rückzugs von der Börse verfassungsrechtlich nicht zwingend. Umgekehrt würde es aber auch nicht gegen das Grundgesetz verstoßen, wenn die Fachgerichte dies im Wege einer Gesamtanalogie verlangten.
Es sei vielmehr den Fachgerichte überlassen, auf der Grundlage der aktuellen Verhältnisse im Aktienhandel zu prüfen, ob die bisherige Rechtsprechung beibehalten werden soll (Urt. v. 11.07.2012, Az. 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08).
Der BGH hat sich nun dagegen entschieden (Beschl. v. 08.10.2013, Az. II ZB 26/12). Die Aktionäre hätten durch das Delisting keine wirtschaftlichen Nachteile. Sie könnten die Aktien verkaufen, denn deren Wert verfiele bei einem Rückzug von der Börse nicht automatisch.
Konkret gaben die BGH-Richter einer Aktiengesellschaft Recht, die 2011 vom regulierten Markt in Berlin zum Freiverkehr in Frankfurt gewechselt hatte. Deren Aktionäre wollten durch ein Spruchverfahren eine Barabfindung festsetzen lassen und zogen vor Gericht.
dpa/cko/LTO-Redaktion
BGH gibt Rechtsprechung zu Delisting auf: . In: Legal Tribune Online, 12.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10013 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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