Eine Vernehmung Edward Snowdens in Deutschland wird es wohl vorerst nicht geben. Der BGH wies einen entsprechenden Antrag der Opposition im NSA-Untersuchungsausschuss zurück.
Die Mehrheit behält schließlich die Oberhand: Die Opposition im NSA-Untersuchungsausschuss kann nicht verlangen, dass ein Antrag an die Bundesregierung gestellt wird, Edward Snowden zur Vernehmung nach Deutschland zu holen. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH), wie am Mittwoch bekannt wurde, bereits Ende Februar (v. 23.02.2017, Az. 3 ARs 20/16).
Damit dürfte das Vorhaben der Opposition im Bundestag, den Whistleblower in Deutschland zu vernehmen, gescheitert sein. Snowden hatte im Juni 2013 die umfangreichen Abhörmaßnahmen des amerikanischen Geheimdienstes NSA und des britischen GCHQ öffentlich gemacht, was zu einem internationalen Skandal führte und die Diskussionen um staatliche Überwachung neu entfachte.
In der Folge war vom Bundestag ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingerichtet worden, um den Vorwürfen gegenüber der US-Regierung nachzugehen, unter anderem das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört zu haben. Ein Teil des Ausschusses forderte seitdem, Snowden müsse dazu in Deutschland vernommen werden. Der Whistleblower hält sich derzeit in Russland auf. In den Vereinigten Staaten droht ihm Strafverfolgung wegen seiner Veröffentlichungen.
Ermittlungsrichterin gab Opposition Recht
Im November vergangenen Jahres durfte man sich noch Hoffnungen machen, als eine Ermittlungsrichterin des BGH entschied, dass der NSA-Ausschuss dem Verlangen der Ausschussminderheit von Grünen und Linken nachkommen müsse, die Bundesregierung aufzufordern, die Voraussetzungen für eine Einreise Snowdens zu schaffen.
Eine solche Aufforderung hätte die Bundesregierung in die unangenehme Situation gebracht, entweder Snowden nach Deutschland zu bringen oder sich für eine gegenteilige Entscheidung rechtfertigen zu müssen. Bislang hatte die Regierung Snowden nicht herbringen wollen, um einen politischen Konflikt mit den Vereinigten Staaten zu vermeiden.
Nur einen Monat später war die Vollziehung des Beschlusses auf Beschwerde der Ausschussmehrheit bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt worden. Der Ausgang des Verfahrens sei völlig offen, argumentierte der Senat damals. Vor dem Hintergrund der möglichen Folgen eines Vollzugs sei daher das Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Andere Auslegung nach Art. 44 GG
In dem befand nun der 3. Strafsenat des BGH, dass der Antrag der Opposition im Ausschuss unzulässig sei. Die aus zwei Abgeordneten bestehende Minderheit erreiche das nötige Mindestquorum nicht. Nach § 17 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes (PUAG) sind Beweise zu erheben, sofern wenigstens ein "Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses" dies beantragt.
Die beiden Ausschussmitglieder stellten zwar ein Viertel des aus acht Personen bestehenden Ausschusses dar, doch sei die Norm anders zu verstehen, meint der Senat. Sie sei nämlich dahingehend auszulegen, dass die Ausschussminderheit entsprechend Art. 44 Abs. 1 S. 1 des Grundgesetzes (GG) mindestens ein Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestags repräsentieren müsse. Bei den die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen repräsentierenden Mitgliedern sei das nicht der Fall.
Die in Bezug genommene Regelung des Art. 44 Abs. 1 S. 1 GG regelt die Pflicht des Bundestags, auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Daneben begründen die Karlsruher Richter die vom Wortlaut des PUAG abweichende Entscheidung mit dem "Sinn und Zweck der Regelung, wie sie sich unter Beachtung des den Gesetzesmaterialien zu entnehmenden Willens des Gesetzgebers ergeben, sowie der Systematik des Untersuchungsausschussgesetzes und den für das Recht des Untersuchungsausschusses bestehenden verfassungsrechtlichen Vorgaben".
mam/LTO-Redaktion
NSA-Untersuchungsausschuss: . In: Legal Tribune Online, 15.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22377 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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