Mit einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss entschied der BFH, dass auch eine rechtswidrige Vollstreckungsmaßnahme des Finanzamts die Zahlungsverjährung unterbricht.
Steuerforderungen verjähren binnen fünf Jahren, nachdem die Steuer festgesetzt worden ist. Diese Zahlungsverjährung wird jedoch unterbrochen, wenn das Finanzamt (FA) gegen den Zahlungspflichtigen Vollstreckungsmaßnahmen erlässt. Zu diesen gehört das Verlangen, ein Vermögensverzeichnis vorzulegen und seine Vollständigkeit und Richtigkeit an Eides statt zu versichern.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte jetzt zu entscheiden, ob die Unterbrechungswirkung eines solchen Verlangens auch dann eintritt, wenn dieses an sich gar nicht hätte ergehen dürfen und die betreffende Vollstreckungsverfügung deshalb vom FA selbst wieder aufgehoben worden ist, als es ihre Rechtswidrigkeit erkannte.
Das FA hatte in dem Streitfall übersehen, dass die Eheleute, die ihm seit einiger Zeit Steuern schuldeten, erst wenige Tage beziehungsweise Wochen vor der erneuten Aufforderung zur Abgabe eines Vermögensverzeichnisses die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatten. Als es von den Eheleuten darauf hingewiesen wurde, hatte es die Vorladung sogleich aufgehoben.
Die Eheleute beriefen sich, als später neue Vollstreckungsmaßnahmen ergingen, darauf, dass die Steuerforderungen verjährt seien. Denn das Verlangen einer eidesstattlichen Versicherung sei offensichtlich rechtswidrig, mithin nichtig gewesen und überdies vom FA als von Anfang an rechtswidrig aufgehoben worden. Das Verlangen habe die Verjährungsfrist also nicht unterbrochen, die deshalb inzwischen abgelaufen sei.
Der BFH ist dieser Betrachtungsweise nicht gefolgt (Beschl. v. 21.06.2010, Az. VII R 27/08). Eine offensichtlich rechtswidrige behördliche Verfügung sei grundsätzlich nicht ohne Rechtswirkung (das heißt nicht nichtig). Zudem wirke die Aufhebung einer solchen Verfügung nicht ohne weiteres in die Vergangenheit zurück, sie lasse also eine einmal eingetretene Rechtswirkung wie die Unterbrechung der Zahlungsverjährung nicht ohne weiteres entfallen.
Vor allem aber hätten auch rechtswidrige Vollstreckungsmaßnahmen die Wirkung, die Zahlungsverjährung zu unterbrechen, wenn sich aus ihnen die Entschlossenheit des FA ergebe, seine Steuerforderung durchzusetzen. So wie die Geltendmachung des Anspruchs durch eine schlichte Erklärung die Verjährung unterbreche, habe diese Wirkung auch ein rechtswidriger Vollstreckungsakt, der ja lediglich eine solche Geltendmachung darstelle, möge er auch im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen an eine bestimmte Vollstreckungsmaßnahme (wie zum Beispiel an die Aufforderung zur eidesstattlichen Versicherung) nicht entsprechen.
BFH: . In: Legal Tribune Online, 11.08.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1178 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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