Gesetzliche und private Krankenversicherungen erhalten von Pharmaunternehmen auf Medikamente gleich hohe Abschläge. Steuerlich werden sie aber unterschiedlich behandelt. Der BFH zweifelt an dieser Praxis. Und befragt den EuGH.
Der Bundesfinanzhof (BFH) in München zweifelt an der steuerlichen Ungleichbehandlung von Preisabschlägen zugunsten gesetzlicher bzw. privater Krankenkassen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll nun klären, ob hierdurch der Gleichheitssatz der Grundrechecharta verletzt wird. Der entsprechende Beschluss aus München wurde am Mittwoch bekannt (Beschl. v. 22.06.2016, Az. V R 42/15).
Im steuerlichen Bereich werden gesetzliche Krankenkassen und private Versicherer bei der Berücksichtigung von Preisabschlägen unterschiedlich behandelt. Zwar haben beide einen gleich hohen Anspruch auf Preisabschläge auf Arzneimittel gegenüber den Pharmaunternehmen. Dies folgt für gesetzliche Krankenkassen aus dem Fünften Sozialgesetzbuch und für private Krankenversicherungen aus dem Arzneimittelrabattgesetz.
Allerdings erhalten sie die Abschläge auf unterschiedliche Weise. Gesetzlichen Kassen wird von den jeweiligen Apotheken von vornherein ein entsprechend verminderter Preis in Rechnung gestellt. Die Apotheke wiederrum kann sich die Differenz, also die Höhe des gesetzlichen Preisabschlags, dann vom Pharmaunternehmen auszahlen lassen.
Private Versicherer müssen sich den Abschlag zurückholen
Anders bei privaten Versicherungen: Hier muss der privat Versicherte zunächst den vollen Preis für ein Medikament in der Apotheke entrichten, der ihm sodann von der Versicherung in voller Höhe erstattet wird. Die Versicherung hat dann zwar einen Anspruch gegen das Pharmaunternehmen auf Zahlung des Abschlags. Anders als die gesetzlichen Kassen muss sie jedoch zunächst den vollen Preis bezahlen.
Dieser Unterschied wirkte sich bislang steuerrechtlich aus. Bei den gesetzlichen Krankenkassen geht man von einer durchgehenden Umsatzkette aus, die beim Pharmaunternehmen beginnt und bei der Krankenkasse endet. Die Abschläge mindern damit die Bemessungsgrundlage für die umsatzsteuerrechtlichen Arzneimittellieferungen. Anders dagegen bei den Privaten, die ihren Versicherten lediglich eine Kostenerstattung gewähren. Die Umsatzkette endet hierdurch beim privat Versicherten.
Der BFH sieht für diese unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Behandlung keine objektive Rechtfertigung. Nach Artikel 20 der Grundrechtecharte darf eine unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalt jedoch nur erfolgen, wenn dies erforderlich ist. Jetzt sollen die Richter des EuGH in Luxemburg entschieden.
una/LTO-Redaktion
BFH befragt EuGH zum Gesundheitswesen: . In: Legal Tribune Online, 17.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20313 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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