Mit ihrer "Berliner Erklärung" sorgen die Innenminister von CDU und CSU für Aufregung, noch bevor sie offiziell vorgestellt wird. Die ersten von ihnen rudern bereits zurück: Die Forderungen für mehr innere Sicherheit seien noch nicht abgestimmt.
Als Reaktion auf die jüngsten Anschläge wollen Thomas de Maizière und die von der Union gestellten Ressortchefs der Länder die Terrorabwehr stärken. Neben dem vom Bundesinnenminister am Donnerstag präsentierten Sicherheitspaket gibt es offenbar einen Entwurf einer sogenannten Berliner Erklärung der Innenminister von CDU und CSU. Er enthält Forderungen zur Verbesserung der inneren Sicherheit.
"Die Unions-Innenminister haben einen aktuell 27 Punkte umfassenden Forderungskatalog aufgestellt, um die Sicherheitslage in Deutschland weiter zu verbessern", erklärte Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Lorenz Caffier als Sprecher seiner Amtskollegen. Die Berliner Erklärung solle am 18. und 19. August in Berlin bei einer Konferenz der CDU/CSU-Innenminister diskutiert und verabschiedet werden. Wegen der steigenden terroristischen Bedrohung der letzten Wochen und Monate müsse die Politik jetzt handeln.
Einige der 27 Punkte sind aber bereits am Mittwoch bekannt geworden. Dazu gehören unter anderem die Schaffung von 15.000 zusätzlichen Polizeistellen, ein Burka-Verbot, mehr Video-Überwachung an öffentlichen Plätzen, die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, schnellere Abschiebungen und die Einbeziehung der Bundeswehr bei großen Terroranschlägen. Nicht nur aus der SPD gibt es massive Kritik.
Ende der doppelten Staatsbürgerschaft, Burka-Verbot?
Caffier sagt, dass die Deutschen sich jetzt entscheiden müssten, "ob sie mehr Sicherheit oder mehr Datenschutz haben wollen". Er verteidigte insbesondere den Vorstoß der Union, die doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland als "Integrationshindernis" wieder abzuschaffen. Wer die deutsche Staatsbürgerschaft wolle, müsse sich an "unsere Gesetze halten und [...] sich vor allem auch entscheiden, wo seine Heimat sein soll."
SPD-Chef Sigmar Gabriel schloss eine Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft im Zuge der Terrorbekämpfung indes aus. Dies sei mit der SPD nicht zu machen. Auch SPD-Generalsekretärin Katarina Barley stellte klar, dass ihre Partei keine Abstriche an der doppelten Staatsbürgerschaft hinnehmen werde. "Die doppelte Staatsbürgerschaft ist für die SPD nicht verhandelbar", sagte sie der NOZ am Donnerstag. "Wir werden keine Rolle rückwärts in der Integrationspolitik mitmachen."
Mit den Forderungen der Unionspolitiker flammte speziell im Südwesten die Debatte um das Burka-Verbot erneut auf. Der Landeschef der Jungen Union Baden-Württemberg, Nikolas Löbel, sagte den lokalen Zeitungen: "Die Burka ist ein Symbol von Unterdrückung und Parallelgesellschaften. Das geht so nicht weiter und daher brauchen wir ein Burka-Verbot." Löbel macht sich ausdrücklich für eine Ankopplung an das deutsche Strafrecht stark. Ein Burka-Verbot sei nur dann leicht umzusetzen, "wenn das Tragen einer Burka eine Straftat ist, die von der Polizei geahndet werden kann. [...] Daher gehört ein Burka-Verbot ins Strafgesetzbuch", sagte Löbel.
Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand hält die Forderungen der Unions-Innenminister zur inneren Sicherheit insgesamt für populistisch. "Die Vorschläge aus der Union folgen dem immergleichen ebenso hilflosen wie schädlichen Muster", sagte Hildenbrand dem SWR am Donnerstag. "Es geht immer um mehr Überwachung und Gesetzesverschärfung im Hauruck-Verfahren ohne seriöse Folgenabschätzung." Dabei verunsichere das die Bevölkerung noch viel mehr.
Kein abgestimmter Entwurf
Selbst bei einigen Innenministern der Union stoßen die nun durchgesickerten Ideen teilweise auf Skepsis. So machte Baden-Württembergs Ressortchef Thomas Strobl klar, dass er nicht an ein Burka-Verbot denkt. Eine Vollverschleierung, bei der man die Identität der Frau nicht erkennen könne, widerspreche zwar dem Grundsatz, dass man sich in einer offenen Gesellschaft ins Gesicht schauen können sollte, sagte der CDU-Politiker der Schwäbischen Zeitung. Aber: "Eine gesetzliche Regelung streben wir nicht an."
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte dem BR, bei dem bekannt gewordenen Entwurf für eine Berliner Erklärung handele es sich noch nicht um abgestimmte Forderungen. "Es gibt noch keine Fassung eines Papiers, die in ihrer Gesamtheit die Zustimmung aller Innenminister gefunden hätte." Die Diskussion über ein Burka-Verbot und das Ende der doppelten Staatsbürgerschaft bezeichnete Herrmann als "verfehlt". Ein ähnlicher Vorschlag findet sich allerdings auch bei Thomas de Maizière, der die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen will, wenn eine Person im Ausland für eine Terrormiliz gekämpft hat.
Den 27-Punkte-Plan, der aktuell nicht wirklich abgesprochen zu sein scheint, erklärt sich die FDP so: "Die Union will sich jetzt als Partei der inneren Sicherheit aufspielen, nachdem sie das Thema lange vernachlässigt hat", monierte Partei-Vize Wolfgang Kubicki in der Rhein-Neckar-Zeitung Donnerstag. "Die Union will damit von ihren Fehlern in der Flüchtlingspolitik ablenken."
dpa/ms/LTO-Redaktion
Burka-Verbot und keine doppelte Staatsbürgerschaft?: . In: Legal Tribune Online, 12.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20273 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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