Wer eine Firma erbt, muss entweder viele Steuern zahlen oder sieben Jahre strenge Vorgaben zum Schutz der Mitarbeiter einhalten. Wegen der Pandemie wird das im Freistaat nun lockerer gehandhabt.
Unternehmen, die in den ersten sieben Jahren nach einer Vererbung wegen der Coronakrise Mitarbeiter entlassen müssen, verlieren künftig in Bayern nicht mehr automatisch ihre Steuerprivilegien. Bund und Länder einigten sich darauf, dass bei einem Corona-bedingten Unterschreiten der sogenannten Lohnsumme – etwa durch einen unausweichlichen Abbau von Arbeitsplätzen – auf die Nacherhebung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer verzichtet werden kann. Von der Regelung können alle Bundesländer Gebrauch machen, sie gilt zunächst nur für die Zeit zwischen 1. März 2020 und 30. Juni 2022.
Der bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU) zeigte sich sehr erfreut mit der Änderung, die auf Einsatz der bayerischen Regierung beim Bund hin herbeigeführt worden sei. In der aktuellen Krise auf Nachversteuerungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu beharren, könne ohnehin schon angeschlagene Unternehmen in die Insolvenz treiben. "Das wäre finanzpolitisch kurzsichtig und wirtschafts- und sozialpolitisch unklug", führte Führacker aus. Gerade in der Pandemie müsse der Mittelstand als Rückgrat der bayerischen Wirtschaft bestmöglich geschützt und unterstützt werden, "wir wollen Arbeitsplätze und Know-how im Freistaat halten". Wenn ein Unternehmer oder eine Unternehmerin nach einer Erbschaft oder Schenkung bereit sei, Verantwortung zu übernehmen, müsse der Staat dies fördern.
Um die Steuerfreiheit im Erbschaft- oder Schenkungsfall eines Unternehmens zu erhalten, muss das Unternehmen nach der bisherigen Gesetzeslage auch in der Folge dauerhaft fortgeführt werden. Es darf weder veräußert werden noch darf die Lohnsumme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verkleinert werden. Dies gilt für sieben Jahre. Die Lohnsumme umfasst alle Vergütungen, also Löhne, Gehälter und andere Bezüge oder Vorteile, die an die Beschäftigten ausgezahlt werden.
Bayern erkenne die aktuelle Ausnahmesituation auch in anderen Bereichen des Steuerrechts an, sagte Füracker. So seien bisher mit Maßnahmen wie Steuerstundungen mehr als neun Milliarden Euro dringend benötigter Liquidität bei den betroffenen Unternehmen verblieben. Mit Blick auf die nun gefundene Neuregelung heißt es aus dem Finanzministerium, Bayern werde sich weiter beim Bund dafür einsetzen, diese auf staatlicher Kulanz basierende Lösung gesetzlich zu regeln. So könne mehr Sicherheit für die Unternehmen und die Erben erreicht werden. Zudem fordert Bayern, dass auch andere Corona-bedingte Folgewirkungen auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer, wie das Problem der Nachversteuerung bei coronabedingter Insolvenz, im Sinne der Unternehmen gelöst werden können. Aktuell müsste ein Unternehmenserbe im Fall einer Insolvenz innerhalb der Sieben-Jahre-Frist auch bei Corona-bedingter Insolvenz Erbschaftsteuer nachzahlen.
dpa/ast/LTO-Redaktion
Bayern macht zuerst Gebrauch davon: . In: Legal Tribune Online, 10.01.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47156 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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