Verdient eine Frau weniger als eine männliche Vergleichsperson, spreche das für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts. Der Arbeitgeber müsse dann versuchen, diese Vermutung zu widerlegen, so das BAG.
Verdienen die männlichen Kollegen für die gleiche Arbeit im Median mehr als die Frauen, begründet das regelmäßig die - vom Arbeitgeber widerlegbare - Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Donnerstag in Erfurt entschieden und damit der Revision einer Abteilungsleiterin aus Niedersachsen stattgegeben (Urt. v. 21.01.2021, Az. 8 AZR 488/19).
Bei einer Auskunft nach §§ 10 ff. Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) hatte sich herausgestellt, dass das Durchschnittsgehalt der vergleichbar beschäftigten männlichen Abteilungsleiter um acht Prozent höher als das der beschäftigten weiblichen Abteilungsleiter war. Die Frau verklagte ihren Arbeitgeber daraufhin auf Zahlung der Differenz zwischen ihrer Vergütung und der ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelte.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hatte ihre Klage noch abgewiesen. Das Argument der Vorinstanz: Nach der Beweislastnorm des § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bedürfe es eines Vortrags, der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine Vergütungsbenachteiligung aufgrund des Geschlechts schließen lässt, so das LAG. Das Gehalt der Klägerin liege zwar unter dem Median, diese Auskunft allein sei allerdings nicht ausreichend, um eine Diskriminierung festzustellen.
Der Achte Senat des BAG sah das nun anders. Da das Entgelt der Frau geringer war als das der Vergleichsperson gezahlte, habe die Klägerin gegenüber der männlichen Vergleichsperson eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erfahren, so der Senat. "Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts begründet dieser Umstand zugleich die - von der Beklagten widerlegbare - Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts erfahren hat", heißt es in der Mitteilung des BAG zu seiner Entscheidung vom Donnerstag. Zuvor war umstritten gewesen, ob der Median die Beweiserleichterung des § 22 AGG auslösen kann.
Ob das Unternehmen diese Vermutung widerlegt hat, muss nun das LAG klären: Das BAG hob die Entscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück nach Niedersachsen.
acr/LTO-Redaktion
BAG zum Entgelttransparenzgesetz: . In: Legal Tribune Online, 21.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44063 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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