Sexueller Kindesmissbrauch tritt nicht nur häufiger auf, es werden auch immer mehr Anleitungen dazu gefunden. Deren Besitz und Verbreitung soll nun unter Strafe gestellt werden. Interessenvertreter begrüßen den Entwurf des BMJV.
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) will Anleitungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern zur Straftat machen. Einen entsprechenden Entwurf soll das Kabinett am Mittwoch beschließen. Nach dem geplanten § 176e Strafgesetzbuch (StGB) drohen dann Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren, wenn man solche Anleitungen, die bei anderen die Bereitschaft zum Kindesmissbrauch fördern, öffentlich verbreitet. Auch wer Missbrauchsanleitungen auch nur besitzt oder aus dem Internet runterlädt, muss mit Haftstrafen von bis zu zwei Jahren rechnen.
Erst im März wurde ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch beschlossen. Zu Missbrauchsanleitungen ist in dem Entwurf, der unter Experten und innerhalb der Koalition ausführlich diskutiert wurde, nichts geregelt. In den vergangenen Jahren seien jedoch immer mehr Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern registriert worden, heißt es in dem Entwurf des Justizministeriums. Im Internet, vor allem im sogenannten Darknet, gebe es Anleitungen dazu, wie man solche Taten vorbereiten, durchführen und später verschleiern könne.
Den Strafverfolgungsbehörden zufolge würden solche Leitfäden nicht selten auch bei Beschuldigten gefunden. "Es besteht die Gefahr, dass der Umgang mit derartigen Anleitungen die Hemmschwelle absenkt und die Bereitschaft weckt beziehungsweise verstärkt, sexuellen Missbrauch von Kindern zu begehen", erklärt das Ministerium.
Vorverlagerung der Strafbarkeit sei erforderlich
Die Organisation Weisser Ring e.V., die sich für Kriminalitätsopfer einsetzt, begrüßt die Pläne. Das geht aus der Stellungnahme des Vereins zum Gesetzentwurf hervor. Missbrauchsanleitungen würden die Bereitschaft zu sexuellen Missbrauchshandlungen wecken, verstärken oder vorhandene Hemmschwellen absenken. Eine damit verbundene Vorverlagerung der Strafbarkeit sei in Anbetracht des vermehrten Auffindens besagter Anleitungen erforderlich, um einen umfassenden Kinderschutz in der Praxis zu gewährleisten. Der Verein würde es sich wünschen, wenn zusätzlich auch die Erstellung und der Erwerb der Anleitungen unter Strafe gestellt werden würde.
Der Deutsche Richterbund begrüßt die Gesetzesinitiative ebenfalls "ausdrücklich", wie es in der Stellungnahme zum Gesetzentwurf heißt. Mit Einführung des § 176e StGB-E werde eine Strafbarkeitslücke geschlossen, heißt es weiter.
Ähnlich sieht es auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter in seiner Stellungnahme. Er verweist darin jedoch auch auf einen "Mehraufwand" für Kriminalbeamte durch die Einführung neuer unbestimmter Rechtsbegriffe, die erst noch ausgelegt werden müssten. Zahlreiche von LTO angefragte Strafrechtler:innen, die sich in der Vergangenheit äußerst kritisch mit den Gesetzesverschärfungen im Sexualstrafrecht geäßert hatten, standen am Dienstag für eine kurzfristige Einschätzung des Entwurfs nicht zur Verfügung.
Weiterer Straftatbestand zu verhetzenden Beleidungen in Planung
Die Gesetzesänderung soll nunmehr zügig im Bundestag beschlossen werden. Auf den Weg gebracht werden soll dann auch ein weiterer Straftatbestand, der verhetzende Beleidigungen unter Strafe stellt. Dieser soll ebenfalls am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden. Mit Einführung eines neuen § 192a StGB soll eine Strafbarkeitslücke zwischen Beleidigung und Volksverhetzung geschlossen werden, indem Beschimpfungen und Verleumdungen unter anderem wegen religiöser und rassischer Herkunft sowie der sexuellen Orientierung oder einer Behinderung unter Strafe gestellt werden.
Sowohl der Entwurf zur Strafbarkeit von Missbrauchsanleitungen als auch zur verhetzenden Beleidigung werden in den Gesetzentwurf zu Feindeslisten eingefügt, der bereits im Bundestag beraten wird.
pdi/LTO-Redaktion
Mit Material der dpa
Gesetzentwurf des BJMV: . In: Legal Tribune Online, 11.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44937 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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